Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Scheltopuſik. Glasſchlerc<e. Blindſchleiche. 105

und nur im Gerippe der Shulter- und Be>kengürtel bemerkt werden; doch kennzeihnen die beweglichen Augenlider und das noch ſichtbare Trommelfell ſowie die Seitenfalte auch diefe Art äußerlich als Eidechſe. Das Gebiß beſteht jederſeits aus 15 oberen und 16 unteren, einfach kegelig zugeſpizten Zähnen; außerdem ſind eine Menge von Zähnen auf den Flügelund Gaumenbeinen vorhanden. Die Färbung ändert vielfach ab. Einzelne Stücke ſind lebhaft grün, ſchwarz und gelb gefle>t, andere bräunlich mit dunkelbraunen Seitenſtreifen, noh andere auf braunem Grunde mit Augenfle>en geziert. Die Länge beträgt ungeſähr 80 cm, wovon 52 cm auf den Schwanz kommen.

Über die Lebensweiſe haben ältere Forſcher, unter ihnen Catesby, einiges mitgeteilt. Zum Aufenthaltsorte bevorzugt das Tier ſehr tro>ene Örtlichkeiten, jedoch ſtets ſolche, welhe ihm geeignete Verſte>pläße darbieten. Das Gewurzel eines alten Sto>es, Baumſtrunkes, Höhlungen in Hügelgehängen und dergleichen dienen ihm als Zufluchtsort, nah welchem es bei jeder Störung eiligſt zurü>fehrt. Fn Waldungen, die reih an Unterwuchs ſind, fommt die Glasſ<hleihe übrigens ebenfalls häufig vor, unzweifelhaft deshalb, weil ſolche Örtlichkeiten ihr die meiſte Nahrung gewähren. Sie erſcheint ſehr zeitig im Frühjahre, viel früher als die Schlangen, und treibt ſih bereits munter umher, während jene noh ihren Winterſchlaf halten. Jhre Nahrung beſteht aus Kerfen und kleinen Kriechtieren, insbeſondere jungen Eidehſen und dergleichen.

Dex Fang des ſhön gezeihneten und im Käfige angenehmen Geſchöpfes iſt aus dem Grunde beſonders ſchwierig, weil die Glasſhleiche ihren Namen mit vollſtem Rechte trägt, nämlich bei Berührung auffallend leiht zerbriht. Say behauptet irrtümlich, daß ſie den Schwanz, ohne berührt worden zu ſein, von ſi ſchleudern könne, da eine einzelne Zuſammenziehung genüge, ihn abzubrechen; andere Berichterſtatter ſtimmen darin überein, daß der leichteſte Rutenhieb den Leib vom Schwanze trennt, ja, daß man kaum im ſtande iſt ein vollſtändiges Stü zu erbeuten. Jn der That ſind unbeſchädigte Glasſchleichen außerordentlih ſelten in den Sammlungen. Dieſe Hinfälligkeit mag wohl auch der Grund ſein, daß das hübſche Tier ſelten oder nicht in Gefangenſchaft gehalten wird.

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Der Mangel einer Seitenfalte, das Fehlen der Vorder- und Hintergliedmaßen, das fleine, meiſt verſte>te Ohr und die Bekleidung, die aus kleinen, fehsſeitigen, in Längsreihen, an den Körperſeiten in Querreihen geordneten, glatten, glänzenden Schuppen beſteht, die auf dem Kopfe in größere Schilde ſi<h wandeln, an den Seiten aber verkleinern, ſind die äußerlichen, das ecſenähnliche Gerippe, ſchlanke gekrümmte und ſpißige Zähne, von welchen 9 im Zwiſchenkiefer, 18 im Ober- und 28 im Unterkiefer ſtehen, der Mangel an Zähnen im Gaumen, eine platte, etwas breite, vorn ſeit eingeſchnittene Zunge und zwei wohlentwielte Lungen die innerlichen Kennzeichen der Blindſchleihen (Anguis), die durch die allbekannte Blindſ<hleihe (Anguis fragilis, Anguis clivica, eryx, bicolor, cinerea, lineata, incerta, Otophis eryx) vertreten werden. Die Färbung der Oberſeite iſt gewöhnlich ein ſchönes Bleigrau, das an den Seiten in Rötlichbraun, auf dem Bauche in Bläulichſhwarz übergeht und hier man<hmal durch gelbweiße Punkte geziert wird; es giöt jedo<h faum zwei Blindſchleichen, die ſih vollſtändig in der Färbung gleichen. OD. Lenz verſichert, daß er einmal in Zeit einer halben Stunde 38 dieſer Tiere in einem Umkreiſe von ungefähr 600 Schritt gefangen, unter ihnen aber niht zwei gefunden habe, die vollkommen gleich gefärbt und gezeichnet geweſen wären. Sehr alte zeigen auf der Oberſeite oft größere oder kleinere, in Längsreihen geordnete, ſchöne, blaue Fle>en und Punkte; junge ſehen oben ſilberweiß, auf dem Bauche ſhwarz aus und ſind auf dem Nü>en durch einen breiteren oder zwei ſhmälere tief ſchwarze Streifen gezeichnet; die Geſchlechter unterſcheiden ſich nicht