Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Allgemeines. Verbreitung. Lebensweiſe. Weſen. HLS

ſie ſind jedoch, ihrer Größe und Stärke entſprechend, entſchieden räuberiſcher, mutiger und fampfluſtiger als die kleineren Verwandten. Vor dem Menſchen und wohl auch vor anderen größeren Tieren weichen ſie ſtets zurü>, wenn ſie dies können, diejenigen, welche auf der Erde wohnen, indem ſie blißzſ<hnell ihren Löchern, die, die im Waſſer leben, indem ſie ebenſo eilfertig dem Wohngewäſſer zueilen; werden ſie aber geſtellt, alſo von ihrem Zufluchtsorte abgeſchnitten, ſo nehmen ſie ohne Bedenken den Kampf auf, {nellen ſi<h mit Hilfe ihrer Füße und des kräftigen Shwanzes ho< über den Boden empor und ſpringen dem Angreifer kühn na<h Geſicht und Händen.

Jhre Nahrung beſteht in Tieren der verſchiedenſten Art. Der Nilwaran, ein bereits den alten Ägyptern wohlbekanntes, auf ihren Denkmälern verewigtes Tier, galt früher als einer der gefährlihſten Feinde des Krokodiles, weil man annahm, daß er deſſen Eier aufſuche und zerſtöre und die dem Eie entſhlüpften jungen Krokodile verfolge und verſ<{linge. Wieviel Wahres an dieſen Erzählungen iſt, läßt ſih ſ{hwer entſcheiden; wohl aber darf man glauben, daß ein Waran wirklih ohne Umſtände ein junges Krokodil verſchlingt oder auch ein Krokodilei hinabwürgt, falls er des einen und anderen habhaft werden fann. Leſchenault verſichert, Zeuge geweſen zu ſein, daß einige indiſhe Warane vereinigt ‘ein Hirſchkälbhen überfielen, es längere Zeit verfolgten und ſ<ließli< im Waſſer ertränkten, will au<h Schafknochen in dem Magen der von ihm erlegten gefunden haben; ih meinesteils bezweifle entſchieden, daß irgend eine Art der Familie größere Tiere in der Abſicht, ſie zu verſpeiſen, angreift, bin aber von Arabern und Afrikanern überhaupt wiederholt belehrt worden, daß Vögel bis zur Größe eines Kiebißes oder Säugetiere bis zur Größe einer Ratte ihnen niht ſelten zum Opfer fallen. Die auf feſtem Boden lebenden Warane jagen nah Mäuſen, kleinen Vögeln und deren Eiern, kleineren Eidechſen, Schlangen, Fröſchen, Kerbtieren und Würmern; die waſſerliebenden Mitglieder der Familie werden ſi<h wahrſcheinlih hauptſä<hlih von Fröſchen ernähren, ein unvorſichtig am Ufer hinlaufendes, ſhwaches Säugetier oder einen ungeſhi>ten Vogel, deſſen ſie ſi<h bemächtigen fönnen, aber gewiß auh niht verſ<hmähen. Da, wo man ſie niht verfolgt, oder wo ſie ſih leiht zu verbergen wiſſen, werden ſie wegen ihrer Räubereien an jungen Hühnern und Hühnereiern allgemein gefürchtet und gehaßt und dies ſicherlih niht ohne Grund und Urſache.

An gefangenen Waranen kann man leiht beobachten, daß ſie tüchtige Räuber ſind. Obwohl ſie auh tote Tiere ſowie rohes Fleiſch niht verſhmähen, ziehen ſie doh lebende Beute jenen entſchieden vor. Jhr Gebaren ändert ſi< vollſtändig, wenn man ihnen ein Dutend lebende Eidechſen oder Fröſche in den Käfig wirſt. Die träge Ruhe, in welcher auch ſie ſi< gern gefallen, weiht der geſpannteſten Aufmerkſamkeit: die kleinen Augen leuchten, und die lange Zunge erſcheint und verſhwindet in ununterbrohenem Wechſel. Endlich ſeßen ſie ſi<h in Bewegung, um ſih eines der unglülihen Opfer zu bemächtigen. Die Eidechſen rennen, klettern, ſpringen verzweiflungsvoll im Naume hin und her oder auf und nieder; die Fröſche hüpfen angſtvoll durcheinander. Augen und Zunge des ſie in Todesſchre>en verſeßenden Feindes verraten, daß er nur des Augenbli>es wartet, um zuzugreifen. Urplößlich ſchnellt der geſtre>te Kopf vor; mit faſt unfehlbarer Sicherheit iſt ein Froſch, ſelbſt die behendeſte Eidechſe gepackt, durch einen quetſchenden Biß betäubt und verſhlungen. So ergeht es einem Opfer nah dem anderen, bis alle verzehrt ſind, und ſollten es Dugßende von Eidechſen oder Fröſchen geweſen ſein. Legt man dem Warane ein oder mehrere Eier in den Käfig, ſo nähert er ſi<h gemächlich, betaſtet züngelnd ein Ei, packt es ſanſt mit den Kiefern, erhebt den Kopf, zerdrückt das Ei und ſ{hlürft behaglich den Fnhalt hinab, le>t au< etwa ihm am Maule herabfließendes Eiweiß oder das Dotter ſorgfältig mit der geſchmeidigen, die ganze Schnauze und einen Teil des Kopfes beherrſchenden Zunge auf. Genau ebenſo wird er au< in dex Freiheit verfahren.

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. VIL.