Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, S. 290

252 Vierte Ordnung: Edelfiſche; dritte Familie: Karpfen.

gibelio, Cyprinus carassíus, amarus, moles und gibelio, Cyprinopsis carassíus und gibelio; Abbildung S. 247) genannt, vertreten werden. Jhre Merkmale liegen in der ſehr ſtumpfen, engmündigen, mit ſ{<hmächtigen Lippen umgebenen Schnauze, der ſehr breiten Stirn und ſhwa< ausgeſ<hnittenen Shwanzfloſſe. Die Färbung, die vielfah abändert, iſt ein mehr oder minder dunkelndes Meſſinggelb, das auf dem Rücen ins Stahlblaue übergeht und auf den Floſſen rötlichen Anflug zeigt. Die Rückenfloſſe ſpannen 3 und 14—21, die Bruſtfloſſe 1 und 12—13, die Bauchfloſſe 2 und 7—8, die Afterfloſſe 3 und 5—6, die Schwanzfloſſe 19—20 Strahlen. Eine bedeutende Größe erreiht die Karauſche nicht; denn nur ſelten wird ſie über 20 cm lang und über 0,7 kg ſ{<hwer. E>ſtröm erhielt eine von 1 kg und Yarrell eine von noh etwas mehr Gewicht, bei 25 cm Länge und 11 cm größter Höhe.

Aus den genauen Unterſuchungen und Vergleihungen der Fiſhkundigen hat ſi<{ êrgeben, daß die von Bloch unter dem Volksnamen Giebel (Carassius gibelio) als beſondere Art aufgeſtellte Karauſche, zum Unterſchiede von der vorher beſchriebenen Art au< Gold- oder Steinkarauſche und Halbgareisl genannt, bloß als Abart anzuſehen iſt, da au die Karauſchen als Zuchtfiſhe auffallende Formveränderungen erleiden, und ebenſo zweifelt gegenwärtig niemand mehr daran, daß die Karpfkarauſche, die auh Karpfgareisl, Halbfiſ<h, Halb- Karſch-, Bu>kel-, Karauſchen-, Karußenund Sittigkarpfen, Hälferling 2c heißt (Cyprinus kollarî), ein Miſchling zwiſchen Karpfen und Karauſche iſt.

Die Karauſche iſt über Mittel-, Nord- und Oſteuropa und Nordaſien verbreitet. Sie iſt häufig in Flüſſen, Teichen und Seen des Rhein- und Donaugebietes, Oſt- und Weſtpreußens, ganz Rußlands und Sibiriens, liebt ſtehendes Waſſer, namentlih Seen mit verſumpften Ufern oder ſogenannte tote Arme größerer Flüſſe, kommt aber auh in leinen Teichen, Pfuhlen, Tümpeln, Sümpfen und Mooren vor, iſt überhaupt befähigt, in dem verſchiedenartigſten und unreinli<hſten Waſſer auszuhalten und bei der hmußtigſten, \{<lammigſten Nahrung zu gedeihen. Auch ſie nährt ſi< hauptſähli<h von Würmern, Larven, faulenden Pflanzenſtoffen und Schlamm, hält ſi< dem entſprechend die längſte Zeit ihres Lebens am Grunde auf, verweilt hier auh während der kalten FahreS8zeit in Erſtarrung, ſoll, laut Pallas, ſogar in Eis einfrieren und ſpäter doh wieder aufleben können. Nur während der Laichzeit, die in Südeuropa in den Funi, in Nordeuropa in den Juli fällt, erſcheint ſie öfters an der Oberflähe des Waſſers, insbeſondere an ſeichten, mit Pflanzen bewachſenen Stellen, tummelt ſih< hier in Scharen umher, ſ{hnattert, mit den Lippen ſ{hmagßend, an der Oberfläche, jagt und ſpielt, bis das Eierlegen beginnt.

Nach angeſtellten Unterſuchungen legt der Rogener gegen 100,000 Eier, alſo verhältnismäßig wenige; gleihwohl vermehrt ſich die Karauſche ſehr bedeutend, erzeugt auh regelmäßig Blendlinge mit dem Karpfen und wird deshalb, und weil ſie der jungen Karpfenbrut nachſtellt, ſhon ſeit alter Zeit gemieden. „Dieſer Fiſh“, ſagt Gesner, „iſt in den Fiſchweyern ganß \{hädlih, dann ein kleiner Karaß den aller gröſten Karpffen verjagt und vertreibt, welches den Fiſchern wohl bewuſt, deßwegen haben ſie groſſen Fleiß, daß keine in die Gruben und Weyer geworffen werden.“ Die Brut wächſt langſam, iſt jedo<h im zweiten Lebensjahre bereits fortpflanzungsfähig und erreiht eine Lebensdauer von 6 bis 10 Fahren.

Für die Teichwirtſchaft hat die Karauſche nur in ſolhen Gegenden Bedeutung, wo die Gewäſſer für die Karpfenzucht zu moderig ſind. Solches Waſſer ſhadet dem Geſchma>e ihres Fleiſches niht, wogegen es das des Karpfens faſt ungenießbar maht. Außerdem läßt ſie ſih mit Erfolg in Forellenteihen züchten, weil ſie dieſen edlen Naubfiſchen, deren hoher Wert mit dem ihrigen in keinem Verhältniſſe ſteht, zur Nahrung dient, alſo mittelbar