Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, S. 294

256 Vierte Ordnung: Edelfiſche; dritte Familie: Karpfen.

aus kleinen Fiſhen, Würmern, Shlamm und tieriſchen Abfällen, ſo auh Menſchenkot. Heel erwähnt, daß ſie ſi< ſcharenweiſe in der Nähe des Kloſters Zwettel an ſolchen Stellen aufhalten, wo Aborte in den Kamp einmünden, und daß ſie daſelbſt ausnehmend gedeihen.

Die Fortpflanzung fällt in die Monate Mai und Funi; einzelne laichen jedo< bereits im März und April und andere no, vielleicht zum zweitenmal, im Juli und Auguſt. Um dieſe Zeit bilden die Barben Züge von 100 Stü und darüber, die in langer Reihe hintereinander herſ<wimmen, ſo daß die alten Weibchen den Zug eröffnen, die alten Männchen ihnen folgen, minder alte ſi ihnen anreihen und die Jungen den Schluß bilden. Die Vermehrung ſcheint gering zu ſein: Bloch zählte in dem Rogen nur etwa 80/000 Eier. Jm Herbſte haben die ausgeſchlüpften Jungen eine Länge von etwa 8 em erreiht; im vierten Jahre ſind ſie bei einem Gewichte von 0,7—1,5 kg fortpflanzungsfähig geworden.

Das Fleiſch der Barbe iſt niht nah jedermanns Geſhma> und ſehr mit Gräten dur<webt; deshalb verwendet man es wohl auch als Viehfutter oder Dung. Eigentümlih und bis jeßt no< unerklärlich iſt, daß der Rogen giftige Eigenſchaften hat. „Seine Eyer und Nogen““, ſagt ſhon Gesner, „ſind gang ſchädlih: dann ſie führen den Menſchen in Leibs und Lebens Gefahr mit groſſer Pein und Schmerzen, nemlich ſie bewegen den ganzen Leib mit ſtar>em treiben oben und unten auß, mit groſſer Angſt und Blödigkeit: welches die tägliche Erfahrung in vielen Leuten gnugſam erzeiget. Auß der Urſach ſol ſein Rogen wie gemeldt, hinweg geworffen werden, damit er niht unwiſſend in die Speiß komme.“

Zur Teichwirtſchaft eignet ſich die Barbe inſofern, als ſie den „Hecht im Karpfenteiche“ erſeßen, d. h. die trägen Karpfen aufrühren und vor Krankheiten bewahren foll. Jm engeren Gewahrſam hält ſie ſi<h gut und erfreut dur< ihre Beweglichkeit und Spielluſt.

Von den Barben unterſcheiden ſih die Gründlinge (Gobio) durch die langen Bärtel in den Mundwinkeln, die hochgeſtellten Augen, das Fehlen des Stachels in der Rüenſfloſſe,

die größeren Schuppen und die jederſeits in zwei Reihen zu 3 oder 2 und zu 5 geordneten hakenförmigen Schlundzähne.

Der Gründling, der auh Grundel, Greßling, Gräßling, Kreſſe, Gringel, Grimpe, Läufer, Mannfreſſer, Krebs- und Weberfiſch heißt (Cobio fluyiatilis, vulgaris, venatus, lutescens, obtusirostris, benacensis und pollinii, Cyprinus und Leuciscus gobio; Abbildung S. 272), erreicht eine Länge von 12—15, höchſtens 18 em und iſt oben auf ſ{hwärzlihgrauem Grunde dunkelgrün oder ſhwarzblau gefle>t, beſonders deutli<h längs der Seitenlinie, unten ſilberglänzend mit mehr oder minder deutlihem rötlichen Schimmer; Nü>ken- und Schwanzfloſſe zeigen auf gelblihem Grunde ſ{hwarzbraune Fle>ken; die übrigen ſind einfarbig blaßgelb oder rot. Fn der Rüdenfloſſe ſtehen 3 und 7, in der Bruſtfloſſe 1 und 14, in der Bauchfloſſe 2 und 17, in der Afterfloſſe 3 und 6, in der Schwanzfloſſe 19 Strahlen.

Über einen großen Teil Europas und Weſtaſiens verbreitet, lebt der Gründling vorzugsweiſe in Seen, Flüſſen und Bächen, findet ſih jedo<h au<h in Sümpfen und ſelbſt in unterirdiſhen Gewäſſern, wie z. B. in der Adelsberger Grotte. Jn den deutſchen Strömen gehört er zu den gewöhnlichen Fiſchen; in Großbritannien und Frland iſt er ebenſo häufig wie auf dem Feſtlande, in Rußland ebenfalls niht ſelten, in Weſtſibirien und der Mongolei, nah eignen Beobachtungen z. B. im Altai, überaus gemein. Reines Waſſer mit Sand- oder Kieſelgrunde zieht er jedem anderen vor und kommt dem entſprehend auf einzelnen Stellen ſelten, auf anderen außerordentlich häufig vor. Faſt immer ſieht man ihn in zahlreihen dihtgedrängten Scharen, da ihm Geſelligkeit Bedürfnis zu ſein ſcheint.