Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, S. 304

266 Vierte Ordnung: Edelfiſche: dritte Familie: Karpſen.

3 und 7, die Bruſtfloſſe 1 und 15—16, die Bauchfloſſe 2 und 8, die Afterfloſſe 3 und 7, die Shwanzfloſſe 19 Strahlen. Einzelne Stücke erreichen eine Länge von höchſtens 12, die Mehrzahl eine ſolche von kaum 9 em.

Klare Flüſſe mit ſandigem oder kieſigem Grunde, von ihrem Urſprunge im Gebirge an bis gegen die Mündung hin, gleichviel ob ſie groß oder klein, beherbergen die Elriße, manche Bäche ſie faſt aus\<hließlih, da ſie ſich au< auf ſolchen Stellen, die von anderen Fiſchen gemieden werden oder ihnen niht zugänglih ſind, no< regelmäßig aufhält und dem Anſchein nah ſehr wohl befindet. Einzeln bemerkt man ſie höchſt ſelten, im Gegenteile faſt immer in ſtarken Shwärmen, die ſi<h nahe dem Waſſerſpiegel umhertummeln, äußerſt behende auf: und niederſpringen und ſcheu vor jedem Geräuſche entfliehen, ja, fo in Angſt verſeßt werden können, daß ſie, wie Ruſſegger ſah, Tauſende von Klaftern tief ins Junere eines Stollens eindringen, deſſen Abflußwaſſer folgend. Bei großer Hibe verlaſſen ſie zuweilen eine Stelle, die ihnen längere Zeit zum Aufenthaltsorte diente, und ſteigen entweder in dem Fluſſe aufwärts dem friſheren Waſſer entgegen, oder verlaſſen ihn gänzlih und wandern maſſenhaft in einem ſeiner Nebenflüſſe zu Berge. Dabei überſpringen ſie Hinderniſſe, die mit ihrer geringen Leibesgröße und Kraft in keinem Verhältnis zu ſtehen ſcheinen, und wenn erſt eine das Hemmnis glü>li<h überwunden hat, folgen die anderen unter allen Umſtänden nah. Ein Cornelius befreundeter Beobachter hat dieſem folgende Angaben über dieſe Wanderungen mitgeteilt. Fn den Rheinlanden werden die Elrißen gewöhnlih „Maipieren“ oder, der Lenne zuliebe, „Lennepieren“ genannt, weil ſie ſi< in dieſem Fluſſe während der Laichzeit in großen Zügen einfinden oder zeigen. Sie erſcheinen meiſt bei mittlerem Waſſerſtande und heiterem Wetter, weil bei niederem Waſſer ihnen die vielen Fabrikanlagen zu große Hinderniſſe in den Weg legen. Zu genannter Zeit ſind die Brücken belagert von der Jugend, die den Zügen dieſer kleinen, hübſchen Tiere mit Vergnügen zuſieht. Ein einziger Zug mag etwa 0,5 m breit ſein; in ihm aber liegen die Fiſche ſo dicht neben- und übereinander wie die Heringe in einem Faſſe. Ein Zug folgt in kurzer Unterbrehung dem anderen, und ſo geht es den ganzen Tag über fort, ſo daß die Anzahl der in der Lenne befindlichen Fiſchchen dieſer Art nur na< Millionen geſchäßt werden kann.

Jhre Nahrung beſteht aus Pflanzenſtoffen, Würmern und Kerfen, auh wohl aus anderen tieriſhen Stoffen. So beobachtete ein Engländer zuſammengeſcharte Elrißen, die ihre Köpfe in einem Mittelpunkte zuſammengeſtellt hatten und ſih mit dem Waſſer treiben ließen, und fand bei genauerer Unterſuchung als Urſache dieſer Zuſammenrottung den Leichnam eines Mitgliedes des Shwarmes, der von den übrigen aufgezehrt wurde. Die Laichzeit fällt in die erſten Frühlingsmonate, gewöhnlih in den Mai, hier und da wohl auh in den Juli. Um dieſe Zeit werden ſeichte, ſandige Stellen ausgewählt und jedes Weibchen von 2 oder 8 Männchen begleitet, die auf den günſtigen Augenbli> des Eierlegens warten, um ſih ihres Samens zu entledigen. Aus Verſuchen, die Davy angeſtellt hat, geht hervor, daß die Jungen bereits nah 6 Tagen aus dem Eie ſhlüpfen. Fm Auguſt haben ſie etwa 2 cm an Länge erreicht; von nun an aber wachſen ſie ſehr langſam; erſt im dritten oder vierten Jahre ſollen ſie fortpflanzungsfähig ſein.

Ungeachtet der geringen Größe der Elrize wird ſie doh überall gefangen, weil ihr Fleiſch trot des bitteren Geſhmadtes viele Liebhaber und dem entſprechend willige Abnehmer findet. Jn der Lenne fängt man ſie nah Angabe des oben erwähnten Berichterſtatters während der Monate Mai und Juni, wenn ſie ihre Wanderzüge bildet, zum Teil mit ſogenannten Tütebellen, einem Nebe, das an zwei kreuzweiſe übereinander gebundenen und an dem Ende einer Stange befeſtigten Tannenſtö>ken ausgeſpannt iſt. Dieſes läßt man an Stellen, wo der Strom nicht zu heftig iſt, ins Waſſer und zieht es, wenn ein

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