Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, S. 432

392 Vierte Ordnung: Edelfiſche; ſiebenundzwanzigſte Familie: Na>taale.

Begleiter bei ſi< und hätte mögliherweiſe ertrinken können, wenn der Slag ihn im tiefen Waſſer und fern vom Ufer verſezt worden wäre. Auch A. von Humboldt ſagt: „Den erſten Schlägen eines ſehr großen, ſtark gereizten Zitteraales würde man ſi< niht ohne Gefahr ausſeßzen. Bekommt man zufällig einen Schlag, bevor der Fiſh verwundet oder dur lange Verfolgung erſchöpft iſt, ſo ſind Schmerz und Betäubung ſo heftig, daß man ſi< von der Art der Empfindung gar keine Rechenſchaft geben kann. Jh erinnere mich niht, je dur< die Entladung einer großen Leidener Flaſche eine ſo furhtbare Erſhütterung erlitten zu haben, wie die war, als i< unvorſihtigerweiſe beide Füße auf einen Zitteraal ſeßte, den man eben aus dem Waſſer gezogen hatte. Jh empfand den ganzen Tag über heftigen Schmerz in den Knien und faſt in allen Gelenken. Will man den ziemlich auffallenden Unterſchied zwiſhen der Wirkung der Voltaſchen Säule und der der elektriſhen Fiſche genau beobahten, ſo muß man dieſe berühren, wenn ſie ſehr erſ<öpft ſind. Die Zitterrochen und die Zitteraale verurſachen dann ein Sehnenhüpfen von dem Gliede an, das die elektriſhen Organe berührt, bis zum Ellbogen. Man glaubt bei jedem Schlage innerlih eine Schwingung zu empfinden, die 2, 3 Sekunden anhält, und der eine [<merzhafte Betäubung folgt. Jn der ausdru>svollen Sprahe der Tamanacos heißt daher der Temblador „Arimna:‘, d. h. „der die Bewegung raubt‘. Die Empfindung bei ſ<hwachen Sthlägen des Zitteraales ſchien mir große Ähnlichkeit zu haben mit dem [<merzlichen Zuen, das ih fühlte, wenn auf den wunden Stellen, die ih auf meinem Rücfen dur< ſpaniſche Fliegen hervorgebracht hatte, zwei entgegengeſeßt wirkende Metalle ſich berührten. Dieſer Unterſchied zwiſchen der Empfindung, die der Schlag des elektriſhen Fiſches, und der, die eine Säule oder hwach geladene Leidener Flaſche hervorbringt, iſt allen Beobachtern aufgefallen; er widerſpriht indes keine8wegs der Annahme, daß die Elektrizität und die galvaniſche Wirkung der Fiſhe dem Weſen nach eins ſind. Die Elektrizität kann beide Male dieſelbe ſein; ſie mag ſi aber verſchieden äußern infolge des Baues des elektriſhen Organes und Stärke und Shhnelligkeit des elektriſhen Stromes oder einer eigentümlichen Wirkung8weiſe. Jm holländiſhen Guayana, 3. B. zu Demerara, galten früher die Zitteraale als ein Heilmittel gegen Lähmungen. Zur Zeit, in welcher die europäiſchen Ärzte von der Anwendung der Elektrizität Großes erwarteten, gab ein Wundarzt in Eſſequibo, Namens van der Lot, in Holland eine Abhandlung über die Heilkräfte des Zitteraales heraus. Solche elektriſche Heilweiſen kommen bei den Wilden Amerikas wie bei den Griechen vor: Scribonius Largus, Galenus und Dioscorides berichten uns, daß der Zitterrohen Kopfweh und Gicht heile. Jn den ſpaniſchen Anſiedelungen, die ih durreiſte, habe ih von dieſer Heilart nichts gehört; aber ſoviel iſt gewiß, daß Bonpland und ih, na<hdem wir 4 Stunden lang an Nataalen gearbeitet, bis zum anderen Tage Muskelſhwähe, Shmerz in den Gelenken, allgemeine Übelkeit empfanden, eine Folge der heftigen Reizung des Nervenſyſtemes.“

Der Zitteraal iſt über einen großen Teil Südamerikas, namentlih über ganz Nordoſtbraſilien, Guayana und Venezuela, verbreitet, hält ſi< aber nur in ganz warmen Gewäſſern auf, meidet daher Gebirge, in deren kälterem Waſſer ſeine Kraft bedeutend abnehmen ſoll, ſo gut wie gänzlih. Sein Wohngebiet ſcheint ſi< mehr oder weniger auf die Gewäſſer der Llanos zu beſhränken. Laut Sachs ſind ſhmale, ſ{<lammige, in dunklem Schatten gelegene Bäche oder Lachen ſeine Lieblingspläße. Hier liegt er, wenigſtens bei Tage, auf dem Grunde des Gewäſſers, ſteigt jedo< in Zwiſchenräumen von durch[Gnittlih einer halben Minute zur Oberfläche empor, ſtre> die Mundöffnung aus dem Waſſer heraus, ſhlu>t mit hörbarem Geräuſche Luft ein und taucht ſofort wieder unter, wobei die verbrauchte Luft dur die Kiemenſpalten entweiht. Wirkliche Kiemenatmung findet, nah eingehenden Beobachtungen des genannten Gewährsmannes, niemals ſtatt;