Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, S. 435

Zitteraal: Fang. Wirkungen der Schläge. Gefangenleben. 395

umgebendes, gut leitendes Waſſer abgeſ<hwäht wurde. Sodann aber berührte ih mittels der durhnäßten Kleider, welche die vortrefflihſte Leitung bildeten, gerade die beiden Punkte, deren Verbindung den ſtärkſten Schlag ergibt, nämlih den poſitiven und negativen Pol, die dem Kopf- und Schwanzende des Tieres entſprehen. Einige Sekunden verharrte der Fiſh in der beſchriebenen Lage, und ih war vor Schre> unfähig, mich zu rühren, denn das ſ<wer gereizte Ungeheuer ſ{<leuderte einen wahren Hagel entſeßliher Schläge dur<h meinen Körper; ih ſchrie laut auf vor überwältigendem Schmerze, bis endlih das Tier von meinen Füßen herabglitt und in den niht von den Negen umſchloſſenen Teil des Waſſers entkam.

„Es war das erſte Mal, daß ich die volle Kraft eines friſh gefangenen großen Tieres empfand. Jh kann verſichern, daß es keine Kleinigkeit iſt. A. von Humboldt erwähnt, daß er nach einem ähnlichen Vorfalle den ganzen Tag einen empfindlihen Schmerz in allen Gelenken geſpürt habe. Derartige Folgen habe i< allerdings niht empfunden; doch iſt es niht unwahrſcheinlih, daß, hätte ih jene Schläge ſtatt gegen die Füße gegen Rumpf oder Kopf erhalten, die Folgen weniger vorübergehender Natur geweſen wären.

„Meine Mannſchaft, die beim Anbli>ke meiner Not in brüllendes Gelächter au3gebrochen war, ſeßte nunmehr ihre Bemühungen fort. Man {hob den Behälter dicht an den Waſſerrand und wußte es ſo einzurichten, daß die gefangenen Gymnoten noch innerhalb des Netes hineingehoben werden fonnten. Natürlih ging das nicht von ſtatten, ohne daß jeder Einzelne ſeinen gehörigen Anteil elektriſher Schläge empfing; Guano, bis an die Achſel im Waſſer ſtehend, erhielt von einem vorbeiſhwimmenden Tiere einen Schlag gegen den Bauch, der den kräftigen, beherzten Mann zu Boden warf. Sein Bewußtſein war, wie er verſicherte, in dieſem Augenbli>e niht getrübt, auh empfand er keine nachteiligen Folgen von dem Schlage.“

Sachs hätte eine beliebige Anzahl der Tiere fangen laſſen können, begnügte ſich jedoch mit zehn großen, lebenden Stücken; ſo viele hatte er noh nie beiſammen gehabt. Als nun das Net aufs Tro>ene gezogen und dabei no< viele Gymnoten ans Land befördert wurden, ſ{hlugen die über die erhaltenen Entladungen ergrimmten Fiſcher ſie ohne Gnade tot.

Unſer Gewährsmann nennt den Zitteraal unter allen ihm bekannten Fiſchen den eleganteſten Shwimmer; er konnte ſih nicht ſatt ſchen an den Bewegungen ſeiner Gefangenen. Wird der Gymnotus in ein enges Gefäß gebracht, ſo ſhwimmt er unruhig im Kreiſe herum und verſucht, über den Nand hinweg zu entſchlüpfen, was ihm auh nicht ſelten gelingt. Sobald er aber in ein weites, bequemes Becken verſetzt iſt, ergibt er ſich in ſein Schifſal, ſtre>t ſi< geradlinig aus und verharrt in der Regel während des ganzen Tages, abgeſehen von ſeinen Atembewegungen, unthätig am Boden, ſucht hier auch die dunkelſten Stellen auf. Mit Beginn der Nacht wird er lebendig. Plöblihe Erleuchtung jeines Beens verſegt ihn jet in höchſte Erregung. Obwohl im ſtande, wochenlang zu hungern, zeigt er ſi< do< ungemein gefräßig, falls er über eine beliebige Menge von Nahrung verfügen kann. Wenn Sachs ſeinen Pfleglingen junge Fiſche oder Krebſe in ihr Be>en warf, begann ſofort eine ergößglihe Jagd. Meiſt reihte ein einziger Schlag hin, die Opfer zu lähmen, mitunter jedoch gelang es den verfolgten Tieren, ſi im Sprunge über die Waſſerfläche zu erheben; dann ſ{<wang ſih nicht ſelten auh der Verfolger blißzſ<nell aus dem Waſſer und erhaſchte ſeine Beute im Sprunge, um ſie ſodann, wie üblich, mit Stumpf und Stiel zu verſchlingen.