Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, S. 440

400 Vierte Ordnung: Edelfiſhe; neunundzwanzigſte Familie: Aalfiſche.

teils in Vlüte, teils in Frucht ſtehenden Erbſen mehrere Aale. Schnell lief ih zu dem nahen Hauſe und benachrichtigte hiervon den Knecht, der ſi< mit Pflug und Pferden an Ort und Stelle begab und längs des Feldes in der Wieſe am See drei Furchen pflügte. Wir fingen in dieſen friſchen Furchen alsdann eine Menge Aale, die in einen Sa> gethan und größtenteils nah Lübe> zum Verkaufe gefahren wurden.“ Herr Ed, der die Freundlichkeit hatte, dieſe Angaben mir mitzuteilen, fügt hinzu, daß Stahr bedauere, anderweitige Zeugen niht beibringen zu können, weil der andere Knecht geſtorben, und die Mägde, welche die Aale aufgeleſen, für ihn verſchollen ſeien; er könne aber ſeine Ausſage mit einem Cide bekräftigen.

Ähnliche Erzählungen tauchen hin und wieder in Zeitungen auf, müſſen aber demungeachtet mit Vorſicht aufgenommen werden, weil Täuſchungen nicht ausgeſ<hloſſen ſind. An und für ſih wären Landwanderungen der Aale niht undenkbar, da ja, wie wir geſehen haben, auh andere Fiſche ſolhe unternehmen; Bedenken aber erwahſen, wenn man \i<h vergegenwärtigt, wie ſelten jene ungeachtet der Häufigkeit des Aales geſhehen müſſen, da ſelbſt die erfahrenſten Fiſcher auf Grund eigner Beobahtungen davon nichts zu erzählen wiſſen; Bedenken ergeben ſih ferner, wenn man erwägt, wie leiht Aale, die man auf dem Lande geſunden haben will, meinetwegen auh wirkli gefunden hat, daſelbſt infolge von Überſhwemmungen zurügeblieben ſein können. Unterſtützt werden ſolche Bedenken dur<h anderweitige Thatſachen. Spallanzani hat darauf aufmerkſam gemacht, daß bei Comacchio, wo ſeit langer Zeit ein großartiger Aalfang betrieben wird, die Fiſcher no< niemals Aale auf dem Lande beobachtet haben, und daß, als die Aale in den Lagunen von Comacchio wegen der Verdorbenheit des Waſſers zu vielen Tauſenden umgekommen waren, doch kein einziger den Verſuch gewagt hatte, ſih über Land in das nahe gelegene Meer oder in den bena<hbarten Po zu retten. Gingen die Aale viel geringerer Urſachen halber zuweilen an das Land, ſo würden ſie angeſichts ſolcher Gefahren unzweifelhaft, ebenſo gewiß wie Labyrinthfiſche und Welſe ſih ihrer Fähigkeit bedienen; es würde an Beweiſen dafür niht mangeln und man würde nah glaubwürdigen Augenzeugen nicht ſuchen müſſen. Daß auch der Aal Luft atmen, demgemäß einen Tag und länger außerhalb des Waſſers leben kann, iſt allerdings ſehr rihtig, beweiſt aber das Ausführen der Wanderung noh keineswegs.

Zur Nahrung wählt ſi< der Aal hauptſählih niedere Tiere, namentliÞh Würmer und Kruſter; auch überfällt er Fröſche, kleine Fiſche 2c., ſoll ſih ſogar am Aaſe gütlich thun. Seine Gefräßigkeit iſt groß, ſeine Raubfähigkeit, des kleinen Maules halber, gering.

So unvollkommen unſere Kenntnis der Fortpflanzungsgeſchichte des Aales einſtweilen noh iſt, ſo können wir doch, dank den ſorgſamen Beobachtungen neuzeitlicher Forſcher, ſoviel mit Beſtimmtheit behaupten, daß auch dieſer Fiſch ſih dur Eier fortpflanze. Frühere Beobachter ſuchten vergebli<h nah Geſchlehtswerktzeugen, und erſt Mondini und O. F. Müller erkannten in zwei langen, krauſenartigen Hautlappen, die zahlreiche Einſchnitte und Querfaltungen zeigen und beiderſeits längs der Wirbelſäule verlaufen, die Eierſtöcke. Rathke, Hornſhuc< und andere beſtätigten die Richtigkeit ihrer Unterſuhungen, na<hdem ſie mit Hilfe ſtarker Vergrößerung die Eier aufgefunden hatten. Syrſki hat dann 1873 die männlichen Geſchleht8werktzeuge mit Sicherheit nahweiſen und die Annahme einzelner Forſcher, daß die Aale zu den Zwittern gehören, widerlegen können. An ein Lebendiggebären dieſer Fiſche glaubt gegenwärtig niemand mehr, ſhon weil die Vermehrung eine ungemein ſtarke ſein muß, alle lebendiggebärenden Fiſche aber verhältnismäßig wenige Junge zur Welt bringen.

Über das Laichen ſelbſt fehlt no< jede Kunde. Wir wiſſen bloß, daß die erwachſenen Aale die Flüſſe verlaſſen und in großer Anzahl dem Meere zuwandern, dürfen auch dreiſt