Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, S. 439

Aal: Allgemeines. Verbreitung. Leben8weiſe. 399

und Plinius ſprehen von Aalen mit ſpizigem und ſolhen mit breitem, rundem Kopfe; Riſſo hielt ſolche Stücke für verſchiedene Arten; Yarrell fügte noh andere hinzu. Alle dieſe Abänderungen werden von den Fiſchern wohl unterſchieden; ja, die franzöſiſchen vermehren ſie um noch eine. Nicht unwahrſcheinlih iſt die von He>el und Kner ausgeſprochene Anſicht, daß abweichende Bildung des Kopfes einen geſ<hle<tlihen Unterſchied ausdrüde.

„Dex Aal iſt ein bekannter Fiſh in dem ganzen teutſhen Land, auh vielen andern Ländern... Wiewol zu mer>en, daß derſelben zweyerley Geſchlehte, und zwar weiſſe und {warte Aal ſind. Auch daß ſie in etlihen Flüſſen niht gefunden werden, als in der Thonau wird keiner gefangen, können auh, wo ſie in ſolchen geworffen werden, nicht leben, ſondern ſterben alſobald. Es ſollen au< in dem Lauſaner See und den Flüſſen, ſo in ſolchen fallen, wenig dieſer Fiſhe gefangen werden.“ Hinſichtlih der Donau hat der alte Gesner vollſtändig re<ht. Dieſer Strom und alle ſeine Zuflüſſe beherbergen keine Aale, und wenn ſolche wirklih einmal in ihm gefunden werden, darf man beſtimmt annehmen, daß ſie zufällig in das Stromgebiet geraten ſind, ſei es, indem ſie eine Waſſerſcheide überſchritten haben, ſei es, indem ſie eingeſeßt wurden. Dem Schwarzen und Kaſpiſchen Meere und allen in dieſe ſi< ergießenden Gewäſſern fehlen die Aale; im übrigen kommen ſie vom 64.—65. Grade nördliher Breite an in ganz Europa und au< im Gebiete des Mittelländiſhen Meeres vor; im Atlantiſchen Meere ſind ſie bis Nordamerika verbreitet. Aſien bewohnen ſie niht, ſind mindeſtens im Db ſo gut wie gänzlih unbekannt. Einer der unterrihtetſten Fiſcher, mit wel<hem wir während unſerer Reiſe nah Sibirien verkehrten, verſicherte allerdings, einmal in ſeinem Leben auch einen Aal gefangen zu haben, und wollte eine Verwechſelung mit ihm und einem Neunauge nicht zugeben, dürfte ſih jedo<h troßdem geirrt haben, da ſchon ein ſo vereinzeltes Vorkommen des Aales in einem für ihn ſo überaus günſtigen Gebiete, wie der Ob es darſtellt, der Angabe unſeres Fiſchers widerſpricht. Tiefes Waſſer mit ſ{<hlammigem Grunde wird von dem Aale jedem anderen vorgezogen; doh bindet er ſi< feineswegs an derartige Gewäſſer, ſondern beſu<ht auh, wanderluſtig wie er iſt, ſolhe von entgegengeſeßzter Beſchaffenheit.

Während des Winters liegt er im Schlamme verborgen und hält Winterſchlaf, treibt ſi< wenigſtens niht jagend umher; mit Beginn der warmen Jahreszeit fängt er ſein Sommerleben an, ſ{<wimmt mit ſ<hlangenartiger Bewegung in verſchiedenen Waſſerſchichten ſehr raſ< dahin, {<lüpft mit bewunderung8würdiger Gewandtheit dur<h Höhlungen oder Röhren, kommt z. B. regelmäßig in den Waſſerleitungen größerer Städte, die ihr Waſſer ni<t genügend flären, vor und dringt in dieſen ſelbſt mehrere Sto>kwerke hoh in den Häuſern empor, wühlt ſi< au<h wohl dur< halbverſtopfte Röhren und entrinnt ſo oft aus Teichen, wo man ihn ſicher zu haben glaubte. Noh immer wird behauptet, daß er ſi< des Nachts auf das Land begebe um in Erbſen- oder Wikenfeldern Sc<hne>en und Würmern nachzugehen. Die Angabe war, wie von Siebold bemerkt, bereits Albertus Magnus bekannt, der in ſeinem Tierbuche ſagt: „Der Aal ſoll auh ettwan des nachts auß dem waſſer ſchliefen auf dem feldt, da er linſen, erbſen oder bonen geſechet findet“, und mag ſih überlieferungsweiſe fortgeerbt haben, da ſie noh gegenwärtig faſt mit denſelben Worten wiederholt wird. So erzählte der in Lübe> wohnende Schenkwirt Stahr, ein ruhiger, verſtändiger und ſeinem Weſen nah glaubwürdiger Mann, das Nachſtehende: „Es war im Sommer des Jahres 1844, als ih, damals im Dienſte eines Hufners zu Wilmsdorf ſtehend, mit einem anderen Knechte eines [Morgens gegen 3 Uhr zum Melken der im Felde weidenden Kühe ging. Wir kamen an dem Erbſenfelde unſeres Dienſtherrn, das dur einen {malen Streifen Wieſenland von dem Hemmelsdorfer See getrennt war, vorüber und bemerkten, durch eigenartiges Geräuſch aufmerkſam gemaht, in den