Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, S. 453

Seenadel. Seepferdchen. 413

floſſe zählt man 20, in der Bruſtfloſſe 17, in der Afterfloſſe 4 Strahlen. Die Länge ſ<hwankt zwiſchen 15 und 18 cm.

Vom Mittelländiſhen Meere aus, das man als die eigentlihe Heimat des Seepferdhens anſieht, verbreitet es ſih im Atlantiſchen Meere bis zum Buſen von Biscaya und noh weiter nördlich, kommt einzeln au< in den großbritanniſhen Gewäſſern und in der Nordſee vor und findet ſih ebenſo in Auſtralien. Wie die verwandte Seenadel hält es ſi< nur da auf, wo reicher Pflanzenwuchs den Meeresboden bede>t; denn zwiſchen dieſen Pflanzen ſucht und findet es ſeine Nahrung. Hier ſieht man es faſt bewegungslos an den Pflanzen ſiven oder langſam umherſ<hwimmen. Seine Bewegungen wie ſein Weſen und Gebaren hat Lukis na<h Beobachtung an gefangenen Seepferdchen gut geſchildert. „Beim Schwimmen“, ſchreibt er, „halten ſie ſih in ſenkrehter Lage, den Greifſhwanz zu der ihm eignen Thätigkeit bereit; raſh wi>eln ſie ſi<h mit ihm um das Seegras, und wenn dies geſchehen, beobachten ſie ſorgfältig das Waſſer umher, auf Beute ſpähend, ſtürzen ſih au<, wenn ſie ſolche bemerken, mit vieler Fertigkeit nah ihr. Nähern ſi zwei einander, ſo umwi>eln ſie ſi< oft gegenſeitig mit den Shwänzen und ziehen und zerren, um wieder loszukommen, heften ſi<h dabei au< meiſt mit ihrem Kinne an das Seegras, um ſih beſſeren Halt zu verſchaffen. Fhre Augen bewegen ſi, wie beim Chamäleon, unabhängig voneinander, und dieſes in Verbindung mit dem Farbenwecſel zieht den BVeſchauer mächtig an.“ F< glaube, mit Vorſtehendem im Großen und Ganzen mich einverſtanden erklären, Lufis aber widerſprechen zu dürfen, wenn er ferner behauptet, daß kein Bewohner der Tiefe mehr Kurzweil treiben und mehr Verſtand zeigen könne als ſie. Tauſende von ihnen habe ih in den Strandſeen um Venedig beobachtet und gefangen, Hunderte monatelang gepflegt und beobachtet, aber weder von dem einen noh von dem anderen etwas wahrzunehmen vermocht. Sie ſelbſt ſind weder kurzweilige noch verſtändige, im Gegenteile langweilige und geiſtloſe Geſchöpfe; ihre abſonderliche Geſtalt ihre ungewöhnliche Haltung, ihre langſame, ſtetige, gleihſam feierliche Bewegung ſowie ihr wenn auh nur beſchränkter Farbenwehſel aber feſſeln den Beſchauer, verleiten vielleicht au< einen ungeübten Beobachter zu ähnlichem Urteile. Wahrſcheinlich bezeihnet man ſie und ihr Gebaren am beſten, wenn man ſie niedliche Fiſhe nennt. Jhre Nahrung beſteht vorzugsweiſe, wenn niht ausſ<ließli<h, in ſehr kleinen, dem unbewaffneten Auge unſichtbaren Krebs- und Weichtieren, die ſie von den Blättern der Seegräſer und Tange ableſen. Da man denen, die man gefangen hält, dieſe winzigen Geſchöpfe nur dann in genügender Menge verſchaffen kann, wenn man an der See wohnt, verdammt man alle, die man aus dem Meere nimmt, gleichviel, ob früher oder ſpäter, zum Hungertode. Unmittelbar nah dem Fange ſterben freilih auh ſchon viele von ihnen, und wenn ein Gewitter ausbriht, verliert man gewöhnlich alle mit einem Schlage.

Die Fortpflanzung geſchieht in derſelben Weiſe wie bei anderen Seenadeln. Das Weibchen legt die Eier auf den Bauch des Männchens; ſie kleben hier feſt, das Männchen befruchtet ſie, und nunmehr bildet ſi< durh Wucherung der Oberhaut eine Taſche, worin ſie ſih entwideln und bis zum Ausſchlüpfen der Jungen verweilen.

„Das Fleiſch dieſes Fiſhes“, bemerkt Gesner noh, „kompt nicht in die Speiß, bey feiner Nation, maſſen er ſoll vergifft ſeyn, und ſchädliche Krancheiten bewegen.“ Nicht unmöglich iſt, daß die Alten hierüber Erfahrungen geſammelt und die Wahrheit geſagt haben; denn auch bei den Seepferdchen kann die Nahrung ret wohl ihren Einfluß auf das Fleiſh äußern. Zum Nugen der Homöopathen teile ih mit, daß, laut Gesner, „dieſe Thier angehen>t, ſollen die Vnkeuſchheit bewegen. Ztem gedörrt, gepülvert, und eingenommen, ſoll wunderbahrlih helfen, denen ſo von wütenden Hunden gebiſſen ſind. Dieſes Thier zu Aeſchen gebrandt, mit altem Schmeer und Salniter/ oder mit ſtar>em