Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Barſch: Allgemeines. Verbreitung. Aufenthalt. Lebensweiſe. 37

erſteres ſcheint jedo< im Verhältnis zur Länge etwas höher zu ſein als leßteres. Die Länge überſteigt bei uns ſelten 25 cm, das Gewicht 1 kg; doh kommen in gewiſſen Seen Stücke von 1,5—2 kg Gewidt vor, ſo im Zellerſee im Linzgau und, nah Yarrell, in mehreren Gewäſſern Englands, woſelbſt noh ſ<hwerere gefangen worden ſein ſollen, laut Pennant einſtmals ſogar einer von 4 kg Gewicht.

Das Verbreitungsgebiet des Flußbarſches dehnt ſih über ganz Europa und einen großen Teil von Nordaſien und Nordamerika aus. Laut Yarrell ſoll er in Schottland ſelten ſein und auf den Orkney- und Shetlandinſeln gänzlih fehlen; in Skandinavien dagegen bewohnt ex alle ſüßen Gewäſſer, auh ſolche, welche viel nördlicher liegen als die genannten Fnſeln. Jn Deutſchland kommt er, mit Ausnahme der höher gelegenen Gebirgswäſſer und einzelner Gegenden der Tiefebene, in allen geeigneten Flüſſen und Seen vor, tritt gewöhnlih auch häufig auf; in den Alpen meidet er faſt nur die mehr als 1000 m über dem Meere gelegenen Gewäſſer. Seen mit klarem Waſſer bilden ſeinen Lieblingsaufenthalt, und in ihnen gedeiht er am beſten; doh fehlt er auh Flüſſen oder tiefen Bächen und Teichen, Bra>waſſern und ſelbſt ſchwa ſalzigen Meeren, wie der Oſtſee, nicht, ſcheint ſih im Gegenteil hier ſehr wohl zu befinden, zeichnet ſi< wenigſtens in der Regel dur bedeutende Größe und fettes, ſhmachafteres Fleiſh vorteilhaft aus vor anderen ſeinesgleichen, die im ſüßen Waſſer gefiſht wurden.

Jn den Flüſſen zieht er die Uferſeiten und die Stellen mit geringerem Strome Der Mitte und dem lebhaften Strome vor, in den Seen die oberen Schichten des Waſſers, iſt jedoh fähig, in größere Tiefen hinabzuſteigen, und wird aus ſolchen niht ſelten herauf gefiſht, läßt auh an untrüglihen Merkmalen erkennen, daß er hier längere Zeit zugebraht. „Es iſt“, ſagt ſhon Gesner, „der Fiſcher Sag umb den Genffer-See, daß die Eglin Winterszeit, ſo ſie in ein Garn gezogen, ein rothes Blätterlin zum Maul außhen>en haben, welches ſie mit Gewalt zwinget, oben in dem Waſſer zu {hwimmen, vermeynen es geſchehe ihnen ſolhes von Zorn.“ Die Wahrnehmung jener Fiſcher hat von Siebold beſtätigt. „An allen ſolchen aus großen Tiefen des Bodenſees beim Kilchenfange mit heraufgezogenen Barſchen“ berichtet er, „ſah ih die Rachenhöhle mit einem ſonderbaren, einer geſ<hwollenen Zunge ähnlichen Körper ausgefüllt, der bei einigen ſi ſogar aus dem Munde hervordrängte. Bei näherer Unterſuchung überzeugte ih mich, daß dieſer pralle, kegelförmige Körper der nah außen umgeſtülpte Magen dieſer Raubfiſche war. Durch Öffnen der Leibeshöhle überzeugte ih mih ferner, daß die Wandungen der Shwimmblaſe dur die beim Herauſziehen der Barſche aus einer Tiefe von 60 —80 m ſtark ausgedehnte Luft von innen nah außen zu ſtark geſpannt und zuletzt geborſten waren, wodurch die in die Bauchhöhle ausgetretene Luft Gelegenheit fand, den Magenſa>k nah der Mundhöhle hinaus umzuſtülpen.“

Gewöhnlich findet man den Barſch zu kleinen Trupps vereinigt, die geſellig miteinander ſ{<wimmen und, wie es ſcheint, auh gemeinſchaſtlih rauben. In den oberen Waſſerſchichten ſhwimmt er ſehr ſchnell, jedoh nur ſtoßweiſe, hält plöglih an und verweilt geraume Zeit auf derſelben Stelle, um von dieſer aus von neuem dahinzuſchießen. Fn Höhlungen des Ufers, unter überhängenden Steinen und an ähnlichen Verſte>pläßen ſieht man ihn zuweilen mehrere Minuten lang offenbar auf der Lauer liegen, da er, geſtört, gern zu demſelben Plage zurückkehrt. Naht ſih ein Shwarm kleinerer Fiſchchen, ſo fährt er ſchnell unter ſie und bemächtigt ſich ihrer, entweder im erſten Anlaufe oder nach längerer Verfolgung. „Die in zahlreichen Scharen unter der Oberfläche des Waſſers ruhig dahinſ<wimmenden Lauben (Alburnus lucidus)“, ſagt von Siebold, „werden oft dur ſolche Überfälle des Barſches in Schre>en und Verwirrung geſeßt, wobei manche dem gierigen Nachen des Näubers dur einen Luftſprung zu entweichen ſuchen. Aber die Raubgier