Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5, S. 798
716 Zweite Ordnung: Webſpinnen; vierte Familie: Saſpinnen.
mitten daran ihr Neſt befeſtigten. Dasſelbe ſieht unter allen Umſtänden aber nicht wie ein Gewebe, ſondern wie eine weiße, dichte und überfirnißte Maſſe aus.
Zur Zeit der Paarung, welche im Frühjahr und September erfolgt, erſcheint das Luftkleid weniger regelmäßig, entweder bleibt ein rautenförmiger Rückenfle> frei davon, oder an einzelnen Stellen, wie an Bruſt, Bauch und Hinterleibsſpiße häuft ſih die Luft mehr an. Das Männchen baut dann in der Nähe des Weibchens ebenfalls eine Glo>e von etwas geringerer Größe und verbindet dieſelbe dur<h einen verde>ten Gang mit der des Weibchens. Lignac beobachtete, aber nux im Frühling, bisweilen drei miteinander verbundene Neſter, die ſi< ebenſo ſchnell wieder trennen können, wie ſie ſih vereinigten, wenn die Spinnen in Streit geraten; denn in dieſer Zeit ſind ſie ſehr erregt, und es entwi>eln ſich Kämpfe um das Eindringen in das eine oder andere Neſt. Hat ſi aber erſt ein Pärcen geeinigt, ſo hält es ſi<h au< in Frieden und Freundſchaft zuſammen. Das Weibchen legt ſeine Eier in eine Luftblaſe, welche es dann weiter umſpinnt, und heftet dieſes etwas abgeplattet kugelige Neſthen an eine Waſſerpflanze, dasſelbe niht aus den Augen laſſend, oder hängt es in ſeiner Glode auf. Leßteres beobachtete de Troisvilles am 15. April; am 3. Zuni ſ{hlüpften die jungen Spinnen aus, welche emporſtiegen, um Luft zu ſ{höpfen. Mehrere bereiteten ih kleine Glo>en an einer Pflanze, welche ſie in ihrem Behälter vorfanden, gingen aber nihtsdeſtoweniger in ihrer Geburtsſtätte aus und ein. Einige von ihnen fielen über die Leiche einer Libellenlarve her und zauſten daran wie Hunde an einem Stüde Fleiſh. Am fünften Tage wechſelten ſie ihre Haut, und die Bälge ſchwammen in Menge auf dem Waſſer umher.
Aber auh zum Winteraufenthalt dienen die Glo>en. Degeer fing im September eine männlihe Spinne ein und erhielt ſie 4 Monate lang in einem mit Waſſer gefüllten Gefäße. Sie baute ih eine ſehr dünne Glocke von der Größe eines halben Taubeneies, welche ſie dur<h unregelmäßige Fäden an die Wand des Gefäßes befeſtigte. Mitten in dieſer luſterfüllten Taucherglo>e ſaß die Spinne, den Kopf nach oben gerichtet und die Beine an den Körper angezogen. Am 15. Dezember fand ſi die untere Öffnung ver\hloſſen und die Spinne unbewegli< in ihrer Luftblaſe. Dur<h Drücken zerriß dieſelbe und die Luft perlte daraus hervor. Hierauf verließ die Spinne ihre geſtörte Wohnung. Degeer reichte ihr eine Waſſeraſſel, die ſie ſogleih ergriff und ausſog. Nachdem ſie 3 Monate gefaſtet hatte, zeigte ſie ſi< no< lebensluſtig und vorzugsweiſe zum Schmauſen bereit. Fm Freien überwintert die Waſſerſpinne ſehr gern in einem leeren Shhne>enhauſe, deſſen Mündung ſie dur ein künſtlihes Gewebe verſchließt. Unſere Art ſcheint mehr dem mittleren und nördlihen Europa anzugehören und iſt ſhon im nördlihen Frankreich ſelten; im Süden kommt ſie niht vor.
Die übrigen zahlreichen, auf mehrere Gattungen verteilten Sa>ſpinnen leben meiſt verſte>t unter Steinen, Moos, in Mauerrigzen, Felsſpalten und hinter Rindenſtü>en altersſchwacher Bäume. Hier beſonders fallen den Hemdenknöpfen ähnliche, in der Mitte etwas gewölbte, ringsum fla<h gerandete, weißſeidene Körperhen auf; es ſind die platt an die Jnnenſeite der Rinde oder an den entrindeten Stamm, aber auh an zuſammengerollte Blätter angeklebten Eierneſthen mehrerer Arten dieſer Sippe. Als eine der gemeinſten findet ſi< an den genannten Verſte>en in unſeren Gärten, niht ſelten au<h in Häuſern, die Atlasſpinne (Clubiona holoserica). Sie fertigt einen Sa>, gleih ausgezeihnet dur Feinheit, Silberglanz und Durchſichtigkeit, ſ{<lüpft aus deſſen Öffnung ſcheu und erſchre>t, wenn eine unerwartete Störung kommt, beiſpielsweiſe ein Unbefugter das Rindenſtü> losreißt, hinter welchem ſie ſi ſicher fühlte, und bringt in dem Bereiche jenes ihre knopfförmigen Eierneſthen an. Zur Paarungszeit halten ſih beide Geſchle<hter in einem Sate auf, der dur eine geſponnene Scheidewand in zwei Wohnungen, ein oberes und