Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

182 Würmer. Sechſte Klaſſe: Plattwürmer; erſte Ordnung: Bandwürmer.

wurde von Leu>art bekannt gemacht. Da auch hier die Umſtände ſo ähnli<h wie bei der vorigen und vorvorigen Art liegen, iſt eine Jnfektion durch den zufälligen Genuß mit Fugendformen beſeßter Fnſekten wahrſcheinlich.

Gewiß iſt dieſes der Fall mit einer vierten Bandwurmart, der Taenia cucumerina, welche zwar ſhon von Linné als Paraſit des Menſchen bezeichnet worden war, aber erſt in neuerer Zeit als ein verhältnismäßig gar nicht ſo ſeltener der Kinder erkannt worden iſt. Bei Hunden und Kaen lebt derſelbe Wurm ungemein häufig, und ſeine Lebensgeſchihte iſt intereſſant genug. Als Jugendform findet er ſi<h nämlih bei den Läuſen der Hunde (Trichodectes canis), wel<he auh auf Kaßen übergeht. Die Hunde machen eifrig Jagd auf ihr ektoparaſitiſhes Ungeziefer und infizieren ſi< mit den Larven von Taenia cucumerina, die bei ihnen geſ<le<tsreif werden. Die Eier gehen mit dem Kot ab, bleiben zum Teil in dem Felle des Hundes hängen und werden von der Trichodectes, die eine fauende und keine ſtehende und ſaugende Läuſeart iſt, gefreſſen, ihr Darm wird von den frei gewordenen Embryonen durchbohrt, und dieſelben gelangen in die Leibeshöhle, wo ſie ruhen.

Von den Bandwürmern mit einem Blaſenwurmzuſtand gleich der Finne, nämlich dem, wo die Blaſe nur einen einzigen Bandwurmkopf knoſpen läßt, ſind noch einige bei Hund und Katze vorkommende beſonders erwähnenswert. Die im Hunde geſchle<htsreif werdende Taenia marginata iſt zwar als ſolche dem Menſchen niht gefährlich, aber gelegentli< fommt ihre ſonſt gewöhnlih im Nebe und in der Leber der Wiederkäuer und Schweine lebende Finne, den älteren Syſtematikern als Cysticercus tenuicollis befannt, au< im Menſchen vor. Der häufigſte Bandwurm des Hundes iſt aber Taenia serrata, ausgezeihnet durch eine doppelte Reihe größerer und kleinerer Haken. Als Blaſenwurm lebt er im Haſen und Kaninchen. Die zahlloſen Verſuche, bei welhen Hund und Kaninchen den Boden abgeben, auf welhem Taenia serrata erzogen wurde, haben vorzugsweiſe zur Aufhellung der Bandwurmangelegenheit beigetragen. Der bei der Kaße gemeinſte iſt Taenia crassicollis, mit ſtarkem Kopfe, kurzem und di>em Halſe. Das Sprichwort: Wenn die Kaße nicht zu Haus, tanzen die Mäuſe — nimmt keine Nücfſicht auf die in der Maus verborgene Finne (den ſogenannten Cysticercus fasciolaris), deren gute Zeit erſt anhebt, wenn die Maus von der Kate gefreſſen iſt.

Ein wegen ſeines Blaſenwurmzuſtandes ſehr intereſſanter und noh mehr berüchtigter Bandwurm iſt die auh ausſhließli<h im Hunde geſchle<htsreif werdende Taenia coenurus. Wir kennen dieſe Stufe erſt ſeit der Zeit, als die Bandwurmunterſuchungen wiſſenſchaftlich in Gang kamen. Längſt aber iſt der Blaſenwurmzuſtand als Queſe oder Drehwurm (C0 enurus) bekannt, welcher, im Gehirn der Schafe fih aufhaltend, die Drehkrankheit dieſer Tiere verurſacht. Man hat den Verlauf der Krankheit natürli<h au< dur<h den Verſuch feſtgeſtellt. Bei den Schafen, welchen man die betreffenden Eier eingegeben, zeigen ſih na<h 17 Tagen die erſten Symptome der Drehkrankheit. Man findet alsdann in ihrem Gehirn ſchon die kleinen, erbſengroßen Bläschen, zu welchen die ſe<shakigen Embryonen geworden find. Es entſteht aber an dieſen Blaſen niht bloß, wie bei der Finne, ein einziger Bandwurmkopf, ſondern gleih eine Gruppe von dreien oder vieren, bald aber mehr und mehr, indem teils an anderen Stellen der Blaſe andere Gruppen hervorwachſen, teils unter Ausdehnung der Blaſe neue Köpfe zwiſchen den älteren ſproſſen, ſo daß ihre Anzahl ſi ſ{ließlih auf mehrere Hundert belaufen kann. Der Dru> und Reiz, den der Blaſenwurm auf ſeine Umgebung ausübt, verurſacht jene Entzündungen und Entartungen des Gehirns, welche ſih unter anderen in dem Drehen der Schafe äußern und mit dem Tode derſelben endigen. Der Ausbreitung und der Wiederkehr der Krankheit kann natürlich nur dadurch

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