Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
Drehwurm. Hülſenwurm. 185
einigermaßen vorgebeugt werden, daß wenigſtens die Köpfe der gefallenen oder getöteten Schafe ſorgfältig vergraben und den Hunden unzugänglich gemacht werden. Jn dem Dorfe, in dem ih meine Kindheit verlebte, gab es jahraus jahrein drehkranke Schaſe Es war aber auch ein offener Schindanger keine Viertelſtunde entfernt, auf wel<hem ſich des Nachts alle losgelaſſenen Hof- und Hirtenhunde das Rendezvous gaben. Damals hatte man noch feine Ahnung, wie eben dieſe Hunde das Übel wieder auf die Weide und in den Hof und Stall bringen könnten. FJeßt aber läßt ſih eine ſolhe Polizei üben, daß faſt nur noh dur fremde Hunde der Drehwurm einzuſchleppen iſt. Die Auflöſung der Drehwurmblaſe geht im Magen des Hundes ſehr raſh vor ſich, alle Köpfchen werden frei, jedes gründet eine Kettenkolonie, und aus dem einen Ei, welches zum Drehwurm ſih entwielte, iſt am Schluß der Bandwurmentwi>kelung eine vieltauſendfältige Nachkommenſchaft hervorgegangen. Ein zwar nicht häufiger, aber unter Umſtänden höchſt gefährlicher, den Tod herbeiführender Paraſit des Menſchen und einiger Tiere (Wiederkäuer, Schweine, Affen) iſt der ſogenannte Hülſenwurm (Behinococcus der älteren Syſtematik), die Blaſenwurmform eines gleichfalls im Hunde lebenden Bandwurmes, der Taenia echinococcus. Derſelbe iſt fo Élein, kaum etwas über 4 mm lang und !/s mm breit, daß er den früheren Beobachtern entging und ebenfalls erſt durch das neuere Studium der Lebensverhältniſſe der Blaſenwürmer ordentlih entde>t wurde. Er weicht auch darin von den übrigen Tänien höchſt auffallend ab, daß er ſhon im dritten Gliede geſhle<tsreif wird, welches legte Glied ſo lang iſt, wie die beiden E M : erſten ſamt dem Kopfe. Die aus dem ſe<shakigen ®? E e EEN ME Embryo hervorgehende Blaſe iſt nun ebenfalls, wie Y die Drehwurmblaſe, die Brutſtätte ſehr vieler Köpfchen. Dieſelben entſtehen aber nicht direft auf der Wand der Blaſe, ſondern in beſonderen, aus dieſer Wand hervorgehenden Brutkapſeln auf deren Außenfläche die erſte Anlage der Köpfchen unter der Form eines hohlen Anhanges zur Entwickelung kommt. Dieſer hohle Zapfen ſtülpt ſih dann in das Innere der Brutkapſeln, in welche ſhließli<h die Bandwurmköpfchen an dünnen Stielen hineinhängen. Die einzelnen Brutkapſeln enthalten mitunter 12—15, ſelten mehr als 20 Köpfchen und haben 1—1?/2 mm im Durchmeſſer. Ungemein verſchieden iſt aber die Größe der Echinococcus-Blaſe, ehe ſie Brutkapſeln hervorbringt. Leuckart beobachtete dies bei einem Durchmeſſer von 1 mm, andere fand er noh leer bei einem Volumen eines Hühnereies.. Neben dieſen einfachen, eben beſchriebenen Hülſenwürmern kommt eine andere Form, die zuſammengeſeßte, vox, in welhem Falle neue, ſogenannte Tochterblaſen, ſich bilden, entweder nah außen hin oder nah innen, ſo daß dann die urſprüngliche Blaſe eine ganze Nahkommenſchaft ihr gleicher Blaſen einſchließt. Nicht ſelten wird die Entwi>elung hiermit abgebrochen, indem weder an der Mutter- no<h an den Töchterblaſen Brutkapſeln mit Köpfchen entſtehen. Das ganze Gebilde macht dann am wenigſten den Eindru> eines tieriſchen, paraſitiſhen Körpers, ſondern ſieht wie eine bloße Waſſergeſhwulſt (Hydatide) aus.
Unter den menſchlichen Paraſiten, heißt es bei Leu>art, iſt kein zweiter, der ſih dur< die Mannigfaltigkeit ſeines Vorkommens mit dem Hülſenwurm vergleichen ließe. Selbſt die (Schweine-) Finne, die wir wegen ihres Aufenthaltes in ſo verſchiedenen Organen mit Recht den verbreitetſten Helminthen zugerehnet haben, ſteht in dieſer Beziehung weit