Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
> 186 Würmer. Sechſte Klaſſe: Plattwürmer; erſte Ordnung: Bandwürmer.
vielleicht ſuchen ſie aber erſt noh einen anderen Zwiſchenwirt (ein Krebschen oder ſonſt ein fleineres Waſſertier, vielleiht auh kleine Fiſhchen) auf, in welchen ſie ſih einbohren und ruhen, bis ſie von einem Hechte oder einer Quappe gefreſſen werden.
Dex breite Grubenkopf iſ übrigens nicht die einzige Art der Gattung, welche beim Menſchen ſhmaroßt; wir kennen deren gegenwärtig noh zwei, allerdings ſehr beſchränkt vorkommende, und es iſt durchaus niht ausgeſ<hloſſen, daß ſih ihrer bei fiſcheſſenden Völkern no< mehrere finden werden.
Die eine jener beiden Arten (Bothriocephalus cordatus) ift bedeutend fleiner als der breite Grubenkopf und hat einen, von der ſhmalen Seite des Wurmes geſehen, kurzen, herzförmigen Kopf. Vis jeht wurde er erſt ein einziges Mal beim Menſchen, und zwar in Godhavn im weſtlichen Grönland, um ſo öfter aber bei arktiſhen Hunden ſowie bei Seehunden und beim Walroß beobachtet.
Eine zweite Art lebt, aber nux in unentwi>eltem Zuſtande, aber als immerhin bis 30 cm lange Larve beim Menſchen in China und Fapan, und zwar in dem unter den Bauchfell in der Nierengegend befindlihen Bindegewebe. Dieſer Wurm (Bothriocephalus liguloides) fam bis jezt au< nur zweimal zur Beobachtung.
Es iſt wohl faum zweifelhaft, daß dieſe beiden Würmer bloß zufällige, gewiſſermaßen verirrte Paraſiten des Menſchen ſind, die an dieſen Wirt nicht ſelbſtändig und urſprünglich angepaßt ſind wie Taenia solium und T. saginata. Die grönländiſche Art lebt gewiß wie der breite Grubenkopf als Finne in einem Fiſche, dafür ſpricht ihr anderweitiges Vorfommen. Wie es ſi< aber mit Bothriocephalus liguloides verhält, läßt ſih faum vermuten, um ſo weniger, als es ſi< hier um eine unausgebildete Form handelt.
Zu den Grubenköpfen gehört auh no< ein Bandwurm (Schistocephalus solidus), der in unvollkommenem Zuſtande in der Leibeshöhle der gemeinen Stichlinge ſich findet, na< deren Abſterben, das er veranlaßt, ins Waſſer gelangt und von Schwimm- und Watvögeln gefreſſen und in deren Darm er geſchle<tsreif wird. Seine Nachkommenſchaft gelangt wieder mit dem Kot ins Waſſer und von da in den Stichling.
Ähnlich iſt die Lebensgeſchichte des Riemenwurms (Ligula simplicissima), der ſtellenweiſe häufig auftritt, ſo beſonders in den beiden großen Seen der Grafſchaft Mansfeld, dem ſüßen und dem ſalzigen. Marſhall ſagt hierüber: „Mit einer in ſo hohem Grade wie hier nur ſelten auftretenden Kalamität haben die Fiſcher außerdem noh zu kämpfen: von den gefangenen Weißfiſcharten iſt ein ganz erſtaunlih großer Bruchteil mit einem anſehnlihen Paraſiten, dem bis 30 mm langen und entſprechend breiten Riemenwurm (Ligula simplicissima), behaftet. Von dieſem Schmaroßzer finden ſich bisweilen in der Leibeshöhle eines einzigen unglü>lihen Fiſches bis 15 Stück, ſo daß die Eingeweide und die Rücfenmusfulatur ganz zuſammengepreßt werden, der Bauch ſelbſt aber ſehr aufgetrieben erſcheint. Die Fiſcher erkennen die infizierten Tiere an dem „ſpizen Kopf“, wie ſie ſagen, d. h. eigentlih an dem aufgetriebenen Rumpfe, denn der Kopf iſt nur relativ, nicht abſolut ſpizer als bei geſunden Exemplaren. Sie bringen ſolche Fiſche niht auf den Markt, ſondern werfen ſie weg, und an manchen Tagen ſieht man Fiſchreſte und Riemenwürmer an gewiſſen Stellen am See in großer Maſſe. Fn einigen Gegenden Ftaliens freilih, wo der Wurm gleichfalls häufig iſt, ſind die Leute praktiſcher, ſie verſpeiſen zum Fiſh die Paraſiten als Maccheroni piatti und danken dem lieben Gott für die ſo überaus bequeme Einrichtung, die ihnen Hauptſchüſſel und Zukoſt mit einem Male gewährt.
„Wie kommen dieſe Würmer in die Fiſche? Es ſind keine geſchle<tsreifen Tiere, die finden ſi< in Waſſervögeln, und aus dieſen gelangen die Eier des Paraſiten mit dem Kot in das Waſſer, wo, nach aller Analogie, der Embryo auskriect, in den Darm eines Fiſches