Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
See- und Landplanarien, 218
na den marinen Formen dur< Größe und Färbung anſchließen. Dieſe Thatſache iſt, wie das Vorkommen von Seehunden, Seefiſchen, Seekrebſen 2c., eine abermalige Stüße für die Theorie, daß der Baikalſee einſt ein Meeresteil war, welcher dur< die Hebung Sibiriens iſoliert wurde und, zwar nach und nach, verſüßte, aber doch einen Teil ſeiner alten marinen Tierwelt in die jeßigen Verhältniſſe hinüberrettete.
Eine beſondere Erwähnung verdienen die Landplanarien, welche vorläufig unter dem Namen Geoplana zuſammengefaßt werden. Schon im vorigen Fahrhundert entde>te der berühmte däniſche Zoolog Dtto Friedrih Müller eine auf dem Lande unter Steinen in feuchter Erde lebende Art, welche er Landplanarie, Planaria (Rhynchodesmus) terrestris, nannte. Dieſelbe beſißt einen faſt cylindriſchen, nur an der Bauchſeite etwas abgeplatteten, 16 mm langen, 1/2 mm breiten Körper, iſt oben {wärzlihgrau, unten weiß gefärbt und läßt am vorderen Ende zwei kleine hwarze Augenfle>e erkennen. Nur wenige Male wurde dieſes Tier in Frankreih und Deutſchland wiedergefunden, und offenbar ſind dieſe gemäßigten Striche gerade dieſem Weſen niht günſtig. Nux noch eine einzige Spezies iſt in Deutſchland entde>t worden, und zwar zu Gießen in Blumentöpfen des Warmhauſes im botaniſchen Garten, be: ſ<rieben als Geodesmus bilineatus. Wenn die Erde in den Blumentöpfen nicht feu<ht genug iſt, krieht das Tier in die Tiefe, ſobald aber die Erde von neuem begoſſen wird, kommt = es wieder an die Oberfläche, mit dem Vorderkörper nach der Umgebung taſtend. Die größten Exemplare ſind 12 mm lang. E MUN Der Rü>en iſt \{<mußig gelb gefärbt und enthält noh eine a4 zweite marmorierte rotbraune Färbung. Außerdem ſicht man am Nüken zwei nebeneinander liegende, durch den ganzen Körper verlaufende, ebenfalls rotbraun gefärbte Linien und einen in der Mitte des Körpers liegenden dunkeln Fle>; dieſer leßtere entſpricht der Lage des Schlundrüſſels. Die beiden Augen am Kopfende ſind ſehr markiert. Eine weitere Art (Microplana cunnicola) beſchrieb Vejdowsky 1889 aus Fundſtätten Böhmens. Auch aus Nordamerika ſind Formen bekannt, ſo Rhynchodesmus sylyaticus, der ſih von Jnſekten ernährt.
Der Armut an dieſen Formen bei uns gegenüber, haben uns“, ſagt Max Schulze, „die Reiſen des engliſchen Forſchers Charles Darwin mit einer reihen Fauna von Landplanarien in den feuchten Urwaldregionen Südamerikas bekannt gemacht. Mußte zunächſt die Eigentümlihkeit des Vorkommens überraſchen, daß Würmer aus der Ordnung der Turbellarien, die wir in unſeren Gegenden nur im Waſſer zu finden gewohnt ſind, und welche ihres äußerſt weichen, zarten und aller feſten Stüßen entbehrenden Körperparenhyms willen ausſ<ließli<h in dieſem Medium zu leben beſtimmt zu ſein ſcheinen, in zahlreichen Arten als Landbewohner auſtreten, ſo wurde niht weniger unſer Jntereſſe in Anſpruth genommen durch die Angaben über die anſehnlihe Größe dieſer Tiere, den bunten Farben[<mu>, die nemertinenartige Geſtalt, verbunden mit der inneren Organiſation der Planarien unſerer ſüßen Gewäſſer.“
Das Verlangen nah näheren Mitteilungen über die Naturgeſchichte dieſer Urwaldbewohner wurde, ſoweit es ihm unter den beſchränkten Verhältniſſen eines mit der Axt ſi anſäſſig machenden Auswanderers möglich war, durch unſeren Freund Fr. Müller befriedigt, der 13 Arten der mertwürdigen Landplanarien teils in der Nähe der Kolonie Blumenau, teils in Deſterro beobachtete. Sie lieben mäßig feuchte Orte, unter Holz, Ninde, Steinen, zwiſchen Blättern der Bromeliaceen, doh niht in dem daſelbſt angeſammelten Waſſer. Am