Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, S. 297

Kopffüßer: Allgemeines. 259

Kiemen, ſind immer anſehnlich entfaltet und bieten der Tierbeſchreibung dur ihre mannigfaltige Stellung und Form viele Anhaltspunkte. Eine außerordentliche Entwi>kelung pflegt auch die andere, der vegetativen Seite des Lebens gehörige Organgruppe, die der Fortpflanzungswerkzeuge, zu haben. Doch dies alles, und wie Zwitterformen mit getrennten Geſchle<htern abwe<ſeln, wie uns dort der GenerationsweWhſel, hier Verwandlung, hier wiederum die Entwi>kelung ohne Verwandlung begegnet, ferner das Verhältnis der Weichtiere zu ſih und zur Welt mag lieber die Schilderung der einzelnen Gruppen zeigen, zu der wir uns nun wenden.

Die Liebhaber von Kurioſitäten und Naturprodukten haben {hon ſeit einigen Fahrhunderten mit Vorliebe die Shne>engehäuſe und Muſchelſchalen geſammelt und an ihrer bunten und niedlihen Formenfülle ſih geweidet. Wir ſind über dieſen einſeitigen Standpunkt weit hinaus; ohne die Freude an den ſ{<hönen Muſchelſammlungen zu verdammen, dürfen wir uns im Grunde von ihnen ebenſowenig befriedigen laſſen, wie etwa von einer Sammlung von Krallen oder Hufen. Ja ſie erläutern uns das Leben und die Verrichtung des Tieres viel weniger als die untergeordneten Teile, die uns in die Feder kamen.

Erſie Klaſſe. Die Kopffüßer (Cephalopoda).

Zu den unauslöſ<lihen Eindrü>en einer italieniſchen Reiſe gehört niht nur der erſte Anbli> der Borromäiſchen Jnſeln, der Florentiner Bauten, des Koloſſeums, des Veſuvs im Hintergrunde des Golfes, der Tempelruinen von Päſtum — auch der erſte Beſuch eines italieniſhen größeren Fiſhmarktes, wie er täglih in Trieſt, Genua, Livorno, Neapel 2c. abgehalten wird, hat etwas Überwältigendes. Da ſind ſie angehäuft, die Shäße des Meeres, auf Reihen von Tiſchen, hinter denen die Verkäufer in Hemdsärmeln und mit der hohen roten Müßte ſtehen, ihre Ware mit einem betäubenden Geſchrei anpreiſend. Alles iſt ſortiert nah Größe und Gattung. Um die feineren Speiſefiſche drängen ſih die nobleren Köchinnen, und mancher fein gekleidete Herr, deſſen Hausfrau ſih no< zu Hauſe im Bette dehnt, beſorgt ſeinen Einkauf ſelbſt. Auf beſonderen Fleiſhbänken liegen die Thunfiſche. Weiterhin folgen die Buden, wo die Geſchlechter der greulihen Rochen und Haie für die minder verwöhnten Gaumen ausliegen; der Zitterrochen iſt dabei, der Meerengel und andere Untiere. Mit großer Geſchi>lichkeit wird ihnen die rauhe Haut abgezogen, und das Fleiſch ſieht nun appetitlicher aus, als es nachher ſ<hme>i. Aber wir verweilen heute niht bei den zum Teil ſehr ſhön gefärbten Fiſchen, eilen au<h an den vielen Körben der Vertäuferinnen von Muſcheln, Schne>@en und anderen „frutti di mare“ vorüber und halten bei ein paar Tiſchen, deren Vornehmheit dur<h das Schattendah angezeigt wird, und von welchen uns eine ganz fremdartige Ware entgegenglänzt. „Calamari! Calamari! O che bei Calamari! Seppe! Seppe! Delicatissîme Sepiole!“ fo dröhnen die unermüdlichen Stentorſtimmen in unſer Ohr. Schon hat einer der Schreier uns ins Auge gefaßt. Er glaubt, daß wir unſere Küche beſorgen wollen. Einige Lungerer werden fortgejagt, um uns Plaß zu machen. Wir treten heran, und der Fiſcher hebt an den polypenartigen Armen einen fußlangen, ſ{<lanken Calamaro empor. „É tutto fresco!“ Und um zu beweiſen, daß das Tier no<h friſ<h, und wenn auh niht mehr ganz, doh noch halb lebendig, verſeßt er ihm mit der Meſſerſpige einen leiſen Stich. Was war das? Wie ein Blig fuhr ein Farbengewölk von Gelb und Violett über die auf weißem Grunde regenbogenfarbig ſchillernde