Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, S. 587

Leben8weiſe und Vorkommen der Comatula. 535

Um die Art, wie die Comatula und überhaupt alle Haarſterne ſich ernähren, zu begreifen, bedarf es einer genaueren Unterſuchung der Mundſeite. Auf unſerer Abbildung des Tieres (S. 534), noh deutlicher auf derjenigen des Pentacrinus (b, S. 531), ſicht man fünf vom Munde ausgehende Furchen, die ſich alsbald nah den zehn Armen gabelig ſpalten. Es enthält alſo jeder Arm eine ſolhe Rinne, welche ſi bis an ſeine Spiße fortſeßt. Fndem nun dieſer Halbkanal mit Flimmern tapeziert iſt, welche einen Waſſerſtrom nah dem Munde zu erzeugen, genügt die bloße Ausbreitung der Arme, um die an und in die Rinnen geratenden mikroſkopiſchen Tierchen, welche zur Nahrung geeignet ſind, dem Munde zuzutreiben. Ze ſtiller die Komatel ſitt, um ſo ſicherer und regelmäßiger geht die Nahrungs8aufnahme vor ſih. An Myriaden mit bloßem Auge unſichtbarer Tierhen und Tierlarven iſt an den Stellen, wo die Krinoiden leben, nie Mangel, und daß ein ſolches unerſchöpfliches mikroſfopiſches Leben ſih auch in den reicher ausgeſtatteten Aquarien ſehr bald einſtellt, davon fann man ſi überall, wo größere derartige Fnſtitute ſind, überzeugen. Zur Kontrollierung der Nahrungszufuhr kommt unſeren Tieren die außerordentliche Empfindlichkeit der Arme zu ſtatten, indem die Tauſende von Fiederfortſäßen oder Pinnulä, welche den Armſchaft in zwei Reihen beſezen, Taſtwerkzeuge feinſter Art ſind. Fede Pinnula trägt auf der Spitze einige Taſthärchen; ſobald daher irgend ein dem Gemeingefühl fremdartiger Körper den Arm berührt oder ein gröberer Gaſt ins Gehege fährt, legen ſi die Pinnulä über der Flimmerrinne zuſammen, und der Arm rollt ſich ein. Damit iſt natürlich eine Austreibung der der Komatel unangenehmen Eindringlinge verbunden.

Über das Vorkommen der Comatula an ihren natürlihen Standorten hat LacazeDuthiers die ausführlichſten Mitteilungen gemacht. Er ſtellt uns den ſammelnden und beobachtenden Zoologen und die Lebensverhältniſſe der Strandzone wieder ſo anſchaulich vor Augen, daß wir ihn, mit einigen notwendigen Kürzungen, ſelbſt reden laſſen. Wir befinden uns in Roscoff, an der Küſte der Bretagne, Weymouth gegenüber, wo der ſandige, allmählih abfallende Strand von größeren und kleineren granitiſchen Felſen und Inſelchen dur<brohen wird. „Zwiſchen allen dieſen Riffen und im Kanale kommen bei Ebbe ausgedehnte ſ{höne Wieſen von Seegras (Zostera) und Sandbänke, mit Steinen bede>t, zum Vorſchein, welche beide von zahlreihen Tierarten bewohnt werden. Da gibt es alle möglihen einfahen und zuſammengeſeßten Ascidien, Moostiere, Sexrtularien (Quallenpolypen, ſiehe unten), Shwämme, beſonders Kalkſhwämme, Stachelhäuter, Synapten, Lucernarien (ſiehe unten), zahlreiche Aktinien (ſiehe unten), na>te und beſchalte Mollusken, welche den Zoologen für die Mühe des Sammelns reihli< entſchädigen.

„Die beiden, gewöhnlih von den Algen eingenommenen Zonen, die obere mit dem Blaſen- und Sägetange (Fucus vesiculosus und FP. serratus), die andere mit Laminaria, werden in Roscoff ſehr ſcharf durh die Himanthalia lorea geſchieden, jene Alge, welche man als Dünger für die Gemüſe gebraucht. Fhr Gürtel wird zur Zeit der Gleichen bloßgelegt, ganz frei wird er aber nur bei den tiefſten Ebben, wenn auc die Laminarien darunter zugänglih ſind. Man muß dieſe Dinge wiſſen, weil man ſi<h keine Vorſtellung machen fann von den Schwierigkeiten, die man hat, wenn man verſucht, zwiſchen den Felſen zu ſammeln, während dieſe unter Waſſer ſind, und man zwiſchen den langen Bündeln der klebrigen und ſ{<lüpfrigen Bänder der Himanthalie herumſteigt, welche die Höhlungen der Steine bede>en und ſi< einem um die Beine wi>eln. Man findet dann faſt nichts; das Sammeln iſ niht nur außerordentlih {<hwer, ſondern auch gefährlih, weil man jeden Augenbli> hinſtürzt. Dagegen iſt das Sammeln in der Laminarienzone ſowohl leichter, als ergiebiger. Am wichtigſten aber hinſichtlih des Zieles, welches wir hier verfolgen, iſt das Vorkommen von Sargaſſum in dieſer Zone, einer Alge, die gewöhnlich auf tieferem Sandboden lebt, unter beſtimmten Umſtänden aber ziemlih ho herauſſteigt.