Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, S. 588
536 Stachelhäuter. Fünfte Klaſſe: Haarſterne.
„Zur Zeit der tiefſten Ebben reißt das Meer, indem es ſi zurückzieht, Gräben in den ſandigen Boden und in die Tangwieſen. Es laufen alsdann in dieſen Vertiefungen mehrere Bäche ab. Fn ihnen ſiedeln ſih die Sargaſſen an und ſteigen höher hinan, und an ihnen findet man die jungen und alten Komateln. Da die Stämme von Sargaſſum ſehr äſtig ſind, verflehten ſih die Zweige miteinander und bilden eine Art von Strauchwerk, zwiſchen welchem die Comatula vorzugsweiſe lebt. Auch die Ascidien, Shwämme, Quallenpolypen und Moostiere find darin ſo zahlrei, daß jeder Sargaſſumſtamm eine ganze Sammlung an ſi trägt. Die Komatel findet ſi< daran manhmal in ſolchen Mengen, daß ſie die Áſte faſt völlig bede>t.“
Dieſe Art, ſih an wenigen Tagen des Jahres des Haarſternes mit der Hand zu bemächtigen, iſt natürlih nur an Küſten mit hoher Flut und Ebbe ausführbar, alſo weder im Adriatiſhen no< im Mittelmeer.
Wir haben bisher nur das beſcheidene Daſein der erwachſenen Komatel beobachtet. So blumenhaſt ſie auh ausſieht, hält ſie do<h den näheren Vergleich mit einem Seegewächs niht aus, der für die anderen, die geſtielten Haarſterne, ſih von ſelbſt ergibt. Aber jede Komatel macht in ihrer Jugend die bleibende Stufe des Pentacrinus dur< und verweiſt damit auf ihre Abſtammung von geſtielten Formen. Den Ausgang der Entwi>elung hat ſie mit ihren Klaſſengenoſſen gemein. Aber auf einer beſtimmten Stufe, nahdem der Darmkanal entſtanden, verlängert ſih das Hinterende, und das Tierchen heftet ſih mit demſelben an irgend einen Gegenſtand an. Sie haben zunächſt das Ausſehen einer kleinen furzſtieligen Keule, ſo winzig, daß ſie kaum mit unbewaffnetem Auge zu entde>en ſind. Man fann dieſe erſte Zeit, wo no< die Arme nicht entſtanden ſind, mit der Stufe der Puppe des Schmetterlings vergleichen, da der anfänglih vorhanden geweſene Mund der jungen Komatel jeßt von einer Hautſchicht überwachſen iſt, unter welcher die uns bekannte Mundſcheibe des fertigen Tieres ihre definitive Geſtalt annimmt. Allmählih brechen die Arme dur, unter fortſchreitendem Wachstum des Stieles, welcher weſentlih dem Stiele des Pentacrinus gleiht. So glei iſt überhaupt jegt die geſtielte Komatel dem zeitlebens an ſeinen Stiel gefeſſelten Pentacrinus, daß die Vorſtellung, die Komatel ſtamme von pentakrinugartigen Vorfahren ab, für den denkenden Naturforſcher unabweisbar erſcheint. Sie erhebt ſi< über den einſt ſtabilen Zuſtand, indem ſie zu freiem Leben vom Stiele ſich ablöſt, nahdem am Rücken die oben beſchriebenen, mit Klauen verſehenen Ranken hervorgetreten ſind. i
Man findet die geſtielten jungen Komateln überall, wo die Erwachſenen in größerer Menge ſi< aufhalten. J< entde>te ſie in unzählbaren Mengen au< im Aquarium der zoologiſhen Station in Neapel.
Auch die erwachſenen Komateln, welche in Meerestiefen bis gegen 5000 m vorkommen, leben meiſt geſellig. So fingen die franzöſiſhen Forſcher an Bord des Schiffes „Talisman“ einmal auf einem einzigen Fiſhzuge bei 130 m Tauſende von Comatula phalanginum und die Amerikaner bei Gelegenheit einer der Expeditionen der „U. S. Fishcomission“ an der Küſte von Neuengland über 10,000 Exemplare der gemeinen Comatula rosacea.
Wir müſſen noch einiger Lebenserſcheinungen gedenken, welche bei Shlangen-, Seeund Haarſternen in gleicher oder ähnlicher Weiſe auftreten. Es ſind das die Erſcheinungen der Bewegung, der Selbſtverſtümmelung und der ungeſhle<htli<hen Vermehrung, die auc bis zu einem gewiſſen Grade miteinander im Zuſammenhange ſtehen.
Über die Bewegungen dieſer Tiere verdanken wir Romanes, ganz beſonders aber Preyer, ausführlihe und höchſt intereſſante Beobachtungen, und da der erſte Forſcher