Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, S. 645

58d Hohltiere. Zweiter Unterkreis: Neſſeltiere; zweite Klaſſe: Blumenpolypen.

noh erzählen, wie er die Embryonen ſammelte und die Tierchen beobachtete. Er ſagt: „Die Embryonen der verſchiedenen Seeanemonen kann man ſih niht auf dieſelbe Weiſe verſchaffen. Das Vorgehen, womit man bei einer frei lebenden zum Ziele gelangt, iſt niht anwendbar bei ſolchen, die ſi<h in den Sand graben oder in die Felsſpalten zurü>ziehen. Jn dem Falle, der uns beſchäftigt, bei der Unterſuchung der Pferdeaktinie, kann man die Tiere, welhe man für trächtig hält, ablöſen, um zu Hauſe die Jungen aus ihnen herauszunehmen. Dabei läuft man aber Gefahr, niht trächtige Fndividuen mitzunehmen und Zeit zu verlieren, auch ſind die jüngſten Embryonen in den Falten des Leibes ſicher ſehr ſ{<hwer zu erkennen. Jh ſ{<lug daher folgendes Verfahren ein.

„Nicht weit von meiner Wohnung hatte ih eine jener Felshöhlen entde>t wo vor dem Sonnenlichte geſ<hüßt ſi<h die Aktinie anzuheften pflegt, den Fuß nah oben, den Fühlerkranz nah unten. Dorthin ging ih, ausgerüſtet mit einem Glasgefäße mit weiter Öffnung, Uhrgläſern und einem ſpizen und ſcharfen Meſſer. An der Wölbung der kleinen Grotte ſuchte ih mir die Tiere aus, welche am vollſten geblieben waren und wie kleine dur<ſcheinende Blaſen dahingen. Jch ſta ſie an und ſammelte die Flüſſigkeit, die aus der Wunde ſtrömte, und mit ihr die in der Leibeshöhle enthaltenen Embryonen. Damit nichts verloren ginge, ſhabte ih no< mit einem Uhrglaſe die abgeſchnittene Aktinie ab und erhielt ſo auch die jüngſten Entwi>elungsſtufen. Nah Hauſe zurückgekehrt, verteilte ih die am Strande geſammelte Flüſſigkeit in kleine Beobachtungsgläſer, aus denen ih unter der Lupe diejenigen Jungen, welche ih mit dem Mikroſkop beobachten wollte, mit einer feinen Saugröhre aushob. Hat man am Strande eine gute Anzahl Aftinien geöffnet, ſo erkennt man an einem ſchwer zu beſchreibenden Etwas ſchon von außen die trächtigen Fndividuen.

„Öffnet man eine Mutteraktinie, ſo haben die herausſ{<lüpfenden Jungen eine große Neigung, ſi<h auſzublähen und zu entfalten. Das dauert oft 1 oder 2 Stunden, mitunter länger, und ohne Zweifel regt der Wechſel des Aufenthaltes ihre Lebensgeiſter an und macht ſie beweglicher. Man thut alſo am beſten, ſie bald nach ihrer künſtlihen Geburt zu beobachten, wo die dur< das Aufblähen verurſachte Durchſichtigkeit und die dur< die neue Umgebung geſteigerte Beweglichkeit erlauben, durch die Hautbede>ungen in das Fnnere des Tierchens zu ſehen und es während ſeiner Drehungen von allen Seiten zu betrachten. Auch kann man die jüngſten Larven nux kurze Zeit nah dem Kaiſerſchnitt ſicher und ohne Zeitverluſt finden. Sie ſind nämlich träger als die vorgeſchrittenen, und man erkennt ſie nur an ihren Bewegungen unter allen den in der Flüſſigkeit ſ<hwimmenden Teilchen. Längere Zeit, nachdem ſie die Mutter verlaſſen, fallen ſie auf den Boden des Gefäßes, bewegen ſi<h kaum und ſind {wer aufzufinden, Auch diejenigen, welhe wohl gebildet und ſehr lebendig ſind, machen endlih nur eine drehende Bewegung nach einer Richtung und um einen Punkt, ſo daß man ſie nux von einer Seite betra<hten kann. Auch ziehen ſie ſi< ſehr zuſammen, ſo daß man oft glauben möchte, man hätte zwei verſchiedene Entwi>elungsſtufen vor ſi<h gehabt, wenn man ein und dasſelbe Tier unmittelbar na< der fünſtlihen Frühgeburt und dann einige Stunden ſpäter beobachtet.

„Von großem Nuzen bei der Unterſuchung ſind Glasgeſäße mit ebenem und dünnem Boden, denn nur mit Hilfe ſolcher kann man die etwas größeren Embryonen beobachten. Jn der That ſieht man junge Aktinien mit ſchon 24 oder 48 Fühlern ſi< gleih na< dem Austritt aus der Mutter feſtſezen, dann ſi< aufblähen und entfalten. Dieſen Augenbli> muß man wahrnehmen, denn ſpäter {ließen ſie ſih oft hartnäkig, der Mundring zieht ſich gewaltſam zuſammen, ſo daß Fühler und Scheidewände zuſammengepreßt werden und man nichts unterſcheiden kann.“