Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, S. 647

586 Hohltiere. Zweiter Unterkreis: Neſſeltiere; zweite Klaſſe: Blumenpolypen.

Wix haben die Aktinien als Einzeltiere kennen gelernt, wie ſie aus dem Ei hervorgehen. Dies iſt allerdings die am häufigſten vorkommende Fortpflanzungsweiſe. Aber einige Arten pervielfältigen ſi< mit der größten Leichtigkeit dur< kleine von der Fußſcheibe ſi ablöſende ‘Teilſtücke. Der Pariſer Zoolog Fiſcher beobachtete dieſen Prozeß bei der an den franzöſiſchen Küſten lebenden Zagartia pellucida. Die am 283. Auguſt vom Fuße abgefallenen Stückchen hatten ſich bis zum 7. September ſchon zu kleinen Aktinien mit 15—16 Fühlern entwi>elt. Vermehrung dur< Spaltung ſcheint bei manchen Arten, z. B. Sagartia ignea, gewöhnlich zu ſein; das Ende dieſer Fortpflanzungsweiſe iſt jedo< immer die völlige Abtrennung der Fndividuen.

Nun iſt aber in der Natur nichts ohne Veo und ſo gibt es auh ſto>bildende Afktinien, die der Syſtemätiker aber nicht mehr Aktinien nennt, ſondern unter dem Familien-

- namen der Zoantharien (Zoantharia) zufammenfaßt. FJhre Zahl iſt niht bedeutend, do< hält es niht ſchwer, ſie au< an unſeren Küſten zu finden. Man unter\cheidet die Gattung Zoanthus, bei welcher die Jndividuen einzeln dur einen ſih veräſtelnden, fkriechenden Wurzelſto> miteinander verbunden ſind, von Palythoa, wo gewöhnlich der vereinigende Sto eine wurzelmäßige Kruſte bildet und die Polypen in kleineren oder größeren unregelmäßigen Haufen beiſammen ſißen. Beide Gattungen haben no< die gemeinſchaftlihe Eigentümlichkeit, daß ſie fremde feſte Körper des verſchiedenartigſten

Polysiphonia OED. Natürliche Größe. Urſprunges, Sand, Schwammnadeln, Bruchſtü>ke von Muſcheln und Korallen, in großer Menge in ihre Leibeswandungen aufnehmen. Dieſe erlangen dadur eine ſolche Feſtigkeit, daß beim Eintro>nen die Form des Polypen vollſtändig erhalten bleibt. Die Thatſache iſt bei näherer Erwägung eine erſtaunliche, da das ganze Leben dieſer Tiere aus einer ununterbrochenen Kette von Verwundungen und bleibenden Beſchädigungen des Körpers beſteht. Jh kenne in der ganzen übrigen Tierwelt kein annähernd ähnliches Beiſpiel. Nur einzelne Shwammarten laſſen ſich entfernt damit vergleichen; doch iſt man gewohnt, die Empfindlichkeit der Schwämme für ſehr gering anzuſchlagen, wogegen die Zoantharien die ſo empfindlichen Aktinien zu nähſten Verwandten haben. Man muß jedo< beachten, daß nur das Hinterende von dieſen Verwundungen betroffen wird, der Teil, der dem ſich einſtülpenden Vorderende als Kapſel dient und alſo gerade dur die EE Der fremden Körper zu dieſer Rolle beſonders geeignet wird. So unanſehnlich die in Spiritus aufbewahrten Palythoen erſcheinen, ebenſo ſhön und lieblich ſehen die lebendigen und vollz kominen entfalteten Tiere in ihrer ſ{hwefelgelben Farbe aus.

Am intereſſanteſten ſind diejenigen Arten von Palythoa, welche auf beſtimmten Arten von Shwämmen ſi< anſiedeln. Am meiſten wieder unter dieſen hat die Palythoa fatua von fi reden gemaht, der unausbleiblihe Geſellſchafter eines der mertwürdigſten Schwämme, nämlich des japaniſhen Glasſchopfes (Hyalonema mirabile). Über