Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

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Prideaux? Einſiedlerkrebs. 41

behaglih und zeigte durchaus keine Neigung, in ſein altes Logis zurückzuziehen. Am 2. Mai fand ih die Adamſie losgelöſt und hilflos auf dem Boden des Gefäßes unter dem Krebſe liegend, der, wenn man ihn ſtörte, davonlief und ſeine Gemahlin im Stiche ließ. Jh glaubte nun, es ſei aus mit meinem ſ{hönen Schübling. Gleihwohl, wie groß war mein Erſtaunen, als ih na< wenigen Stunden die Adamſie wieder prächtig auf ihrer alten Stelle ſah, breit angeheftet auf dem Gehäuſe und von friſherem Ausſehen als viele Tage vorher. Aber ſonderbar, ſie haftete faſt in der umgekehrten Lage wie ſonſt an dem Gehäuſe. Hier lag eine Probe irgend welchen Verſtandes vor, die zu entde>en ih mir vornahm.

„Jndem ih das Gehäuſe mit der Aquarium-Zange ſorgfältig bis zum Waſſerſpiegel hob, löſte ih die Adamſie los und ließ ſie auf den Boden fallen. Dann legte ih das Gehäuſe mit ſeinem Jnſaſſen nahe zur Anemone. Kaum berührte der Krebs die Adamſie, als er ſie mit ſeinen Scheren anfaßte, erſt mit der einen, dann mit beiden, und ih ſah augenbli>li<, was er beginnen wollte. Höchſt geſchi>t und erfahren machte er ſih daran, die Adamſie auf das Gehäuſe zu bringen. Er fand ſie, wie ſie mit der Fußſcheibe nach oben lag; ſein erſtes Geſchäft war, ſie ganz umzudrehen. Abwechſelnd mit den beiden Kneipzangen zugreifend und dabei die Adamſie ziemlih roh ins Fleiſch kneipend, wie es ſchien, hob er ſie in die Höhe, daß er ihren Fuß gegen den beſtimmten Teil des Gehäuſes, die Fnnenlippe, drücken konnte. Dann hielt er, ſie feſt andrü>end, ungefähr 10 Minuten ganz ſtill. Dann zog ex behutſam die eine, dann die andere Schere weg. Fndem er ſich in Bewegung ſeßte, hatte ih das Vergnügen, zu ſehen, wie die Adamſie viel ſchöner haftete, und nun am richtigen Plaße. Zwei Tage darauf war die Adamſie wieder los. Fh entdete ſie in einer Spalte und legte ſie auf den Boden. Hier fand ſie der Krebs wieder, und ſogleih nahm ex die eben beſhriebenen Hantierungen mit ihr vox und heftete ſie wieder an. Aber ih ſah, daß ſie krank war, denn ſie konnte ſih kaum auf ihrem Plate halten. Doch iſt die Äußerung der inſtinktiven Thätigkeiten der beiden Geſchöpfe hinreichend klar. Sicher iſt der Krebs dex aktivere Teil der Genoſſenſchaft; hinreichend deutli iſt es, daß er die Geſellſchaft ſeiner ſhönen, aber ſehr verſchieden gearteten Freundin würdigt. Unſere lezten Beobachtungen nötigen zu dem Schluſſe, daß immer die Scheren des Krebſes angewendet werden, um die Mantel-Aktinie von Gehäuſe zu Gehäuſe zu verſeßen.“

Dieſe Beobachtungen ſind von Eiſig in dem mehrfa<h erwähnten Aufſaß beſtätigt und erweitert worden: „Vor allem“, ſagt dieſer Forſcher, „fällt die Leichtigkeit auf, mit welcher der Krebs die Ablöſung der mit ihrer Fußſcheibe überaus feſt an der Schale haftenden Aktinie beſorgt. Während ih z. B. ſelten anders eine Adamſie unverleßt abzulöſen vermochte, als indem ih das Schne>kengehäuſe zertrümmerte, gelingt es dem Eupagurus in den meiſten Fällen in ganz kurzer Zeit. Er beginnt zunächſt den Rand der Aktinienfußſcheibe mit ſeinen ſpizen Beinen abzulöſen, und weiterhin ſcheint die Aktinie ſich dieſem Trennungs8prozeſſe niht nur niht zu widexrſeßzen, ſondern umgekehrt zu Hilfe zu kommen. Für ein folches Entgegenkommen ſpricht auch die auffällige Thatſache, daß, während dieſe Aktinien jedem anderen Eingriffe gegenüber ſofort ihren Tentakelkranz einziehen und die zur Verteidigung beſtimmten Neſſelfäden ausſtoßen, ſie bei der eben geſchilderten Ablöſung und Übertragung häufig ihren Tentakelkranz vollkommen ausgeſtre> behalten und feine oder doh nur ſpärliche Neſſelfäden ausſtoßen.“

Stuart Wortley wollte ſeinerzeit beobachtet haben, daß der Krebs ſeine Geſellſchafterin füttere, indem er ihr Stückchen des ihm vorgeworfenen Fleiſches mit der Schere zuſte>e. Er kommt weiter zu der Meinung, daß der Krebs die Wahl des Gehäuſes nah dem Wunſche der Aktinie vollziehe, und daß er eine gewählte Wohnung wieder aufgäbe und eine neue ſuche, wenn die Adamſie ſi< nicht innerhalb einer gewiſſen Zeit mit ihrer Fußſcheibe feſlgeſeßt habe. Auch Eiſig hat bemerkt, daß die Aktinie durchaus keine paſſive Rolle ſpielt;