Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

40 Krebſe. Erſte Ordnung: Zehnfüßer; Familie: Einſiedlerkrebſe.

„Am 16. Januar 1859 fing ih mit dem Schleppneß ein ungefähr halb ausgewachſenes Exemplar der A damsia palliata auf einem etwas leinen Gehäuſe von Natica monilifera, bewohnt von einem Pagurus Prideauxii, der für jein Logis ſhon etwas zu di zu ſein ſchien. J<h ſebte ſie in ein wohleingerihtetes weites Aquarium, deſſen Fnhalt ſi< in vortreſflihem Zuſtande befand, und hatte das Glück, was mix noh nie gelungen, beide, den Krebs und die Adamſie, im Aquarium einzubürgern. Beide erfreuten ſi<h einer vortrefflichen Geſundheit und fühlten ſi<h ganz wie zu Hauſe. Fedoh bemerkte ih nah 3 Monaten, daß die Adamſie niht mehr ſo wohl ausſah. Dazu gab auch der- Krebs ſpäter Anzeichen, daß er unbehaglih beengt ſei, indem er ſeine vorderen Körperteile weit herausſtre>te. Jh konute mich jedo<h noch niht entſ<hließen, dem Krebſe ein weiteres Schhne>engehäuſe anzubieten, indem ih fürchtete, ex möchte, ſi<h desſelben bemächtigend, ſeine zoophytiſche Freundin verlaſſen, dieſe würde dann ſterben und ih ſie verlieren.

„Endlich ſiegte das Verlangen, eine wiſſenſchaſtliche Aufgabe zu löſen, über das Gefühl. Eine Thatſache iſt beſſer als ein Exemplar. Und ſo nahm ih aus meiner Sammlung ein ausgewa<ſenes Natica-Gehäuſe und legte es in den Waſſerbehälter in die Nähe des in Uneinigkeit geratenen Trios. Der Einſiedler fand ſogleih das neue Gehäuſe und begann unmittelbar, es zu unterſuhen. Er ging jedo<h anders zu Werke, als ſein Bruder Bernhard (d. h. Pagurus Bernhardus) gethan haben würde. Der würde nämli<h ohne weiteres das neue Haus bezogen haben. Fener wendete es mit der Mündung nah aufwärts, faßte ſowohl die Außen- als Jnnenlippe mit einer Klaue und begann nun, es über den Boden des Gefäßes hinzuziehen. Gelegentlich ließ er mit einer Klaue los, betaſtete das Fnnere und ſette dann ſeinen Marſch fort. Ein Geſchäft rief mi<h ab, und als ih na<h ungefähr einer Stunde zurückkehrte, fand ih den Einſiedler bequem in ſeiner neuen Wohnung eingerichtet; die alte aber lag verlaſſen in einiger Entfernung. Schnell kehrte ih ſie um, zu ſehen, was aus der Adamſie geworden. D weh! keine Adamſie war da. Als aber nun gerade der Einſiedler an die Wand des Aquariums herankam, ſah ih zu meiner großen Genugthuung, daß die alte Vergeſellſhaſtung ungebrochen fortdauerte. Die Adamſie hing mit dem einen Fußlappen auf dem neuen Gehäuſe, offenbar auh mit dem anderen, Aber bei der Stellung dex Gruppe konnte ih feine volle Gewißheit darüber erlangen. Die Stellung des Zoophyten war ganz normal. Fudem ih mir nun den Zuſammenhang der Dinge mit einer Lupe genauer betrachtete, ſah ih, daß die Adamſie mit einer kleinen Fläche des mittleren Teiles ihrer Fußſcheibe an der Unterſeite des Kopfbruſtſtückes des Krebſes zwiſchen der Baſis ſeiner Beine anhaſtete.

„Nun iſt dieſes Anhaften an dem Krebſe ein Umſtand, welcher unter gewöhnlichen Verhältniſſen, ſoweit mir bekannt, niht Plag greift. Deshalb mußte ih ihn für ein RS und zeitweiliges Auskunft2mittel halten, die Adamſie von dem alten auf das neue Gehäuſe zu ſchaffen und um ſie in die rihtige Stellung auf demſelben zu bringen. Müſſen wix daraus niht mit Notwendigkeit {ließen daß, ſobald der Krebs das neue Gehäuſe paſſend gefunden hatte, auh die Adamſie davon in Kenntnis geſeßt wurde; daß in den zwei darauf folgenden Stunden lettere ihre Anhaftung an das alte Gehäuſe lo>erte, und daß ſie, an die Bruſt ihres Beſchüßers ſi< anlegend, von ihm zum neuen Hauſe getragen wurde, wo ſie unmittelbar darauf ſi< einen Halt zu ſihern begann, gleih dem, den ſie eben Declaſſen hatte?

„Elf Tage nach dieſen Beobachtungen etant ih eineñ anderen intereſſanten Aufſ{<luß über dieſe merkwürdige Genoſſenſchaft. Die Adamſie hatte ſeit dem Wohnungswech]ſel kein gutes Ausſehen. Sie haftete zwar zum Teil ſehr gut, den einen Tag in größerer, den anderen in geringerer Ausdehnung an dem Gehäuſe; aber meiſt hing ein beträchtlicher Teil des Zoophyten an dem Gehäuſe herab. Der Krebs dagegen fühlte ſi<h offenbar

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