Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

44 Krebſe. Erſte Ordnung: Zehnfüßer; Familie: Panzerkrebſe,

Eigentümlichkeiten, welche teils auf ſeine Anpaſſung an das Landleben teils auf das Aufgeben der Gewohnheit, in Shne>enſchalen zu hauſen, zurückzuführen ſind. Aus dem leßteren Grunde iſt ſein Hinterleib ſymmetriſh geworden und hat oben wieder eine harte Scale erhalten. Über den Bau ſeiner Atmungswerßzeuge führt Semper aus, daß neben Kiemen der obere Teil der Kiemenhöhle zu einex wahren Lunge umgebildet ſei, die immer nur Luft enthielte, und die Beſchaffenheit der in ihrer Wandung verlaufenden Gefäße beweiſe, daß nur ſauerſtoffarmes Blut aus dem Körper einträte, und daß die austretenden Gefäße ſauerſtoſfhaltiges Blut direkt in den Vorhof des Herzens überführten.

Auch in der Tieſſce gibt es Paguriden mit geradem, ſymmetriſch entwi>eltem Hinterleib, welche in Ermangelung von Schne>engehäuſen teilweiſe frei leben und dann eine harte Bede>ung des Hinterleibes erhalten haben, teils ſi< in Schlamm und Sand eingraben oder ſih Sandröhren verfertigen. Die intereſſanteſte Form iſt aber der geſtre>te Holzeinſiedler (X ylopagurnus rectus), der in Tiefen von 550—730 m lebt, aber an beiden Enden offene Nöhren in Holzſtükc<hen oder hohle Abſchnitte von Bambus 2c. bewohnt. Jn dieſe krieht er mit dem Kopfe zuerſt hinein und ſchließt deren hinteren Eingang mit einem Apparat von Panzerplatten, welche am Hinterende ſeines ſonſt weich: häutigen, ſymmetriſch geraden Leibes ſich befinden und dieſen vor etwaigen feindlichen Angriffen von hinten her ſ{hüßen.

Mit ihnen ſind wir bei der dritten großen Abteilung der Zehnſüßer, den Langſ{<wänzen (Macrura), angelangt, deren Nachleib ſtark entwi>elt, ſo lang oder länger als das Kopfbruſtſtü> und an allen ſieben Ringen mit paarigen Gliedmaßen verſehen iſt. Die der beiden leßten Segmente bilden mit dem leßten Körpergliede eine lange Shwanzfloſſe. Jm übrigen können wir uns auf die ſhon oben gegebene ausführlihe Beſchreibung des Flußkrebſes beziehen.

Die Familie der Panzerkreb ſe (Loricata) zeichnet ſih dur ſehr harte Körperbede>ungen und ſehr großen Nachleib aus. Alle fünf Beinpaare endigen ohne Scheren, nur mit einem klauenförmigen Gliede. Die wichtigſte Gattung iſt die der Languſten (Palinurus), ausgezeihnet dur< die den Körper an Länge übertreffenden äußeren Fühler, mit dicen, ſtahligen Stielgliedern und langer Geißel. Die gemeine Languſte (Palinurus vulgaris) fommt am häufigſten im Mittelmeer vor, jedoch auh an den Weſtund Südküſten von Zrland und England in ſolchen Mengen, daß ſie ein guter Artikel des Londoner Marktes iſt. Unſer beigegebenes Gruppenbild ſtellt ſie in Geſellſchaft des Hummers dax, ſie hat den Vorderrand des Kopfbruſtſtü>es mit zwei ſtarken Stacheln geziert und iſt auf der Oberfläche dieſes Körperteiles dicht beſtachelt, während der Nachleib glatt iſt. Sie wird 40 em lang und von lebhafter rötlich-violetter Farbe. Dieſelbe geht ſchnell in ein intenſives Blau über, wenn man den friſchgeſangenen Krebs dem direkten Sonnenlicht ausſeßt, während, wenn man das Hautſkelett im Schatten tro>nen läßt, die natürliche Farbe ſi ziemli< hält. Die in einzelnen Rieſenexemplaren 6—8 kg ſchwer werdende Art iſt im Mittelmeer viel häufiger als der Hummer und daher für die Tafelfreuden der gewöhnliche Stellvertreter des mehr dem atlantiſchen und Nordſeegebiet angehörigen Hummers. Die Languſte liebt felſigen, rauhen, mit Seepflanzen bewachſenen Grund von ſehx verſchiedener Tiefe. Jn Dalmatien, wo ſie beſonders häufig um Leſina und Liſſa herum vorkommt, während ſie gegen Fſtrien hinauf mehr und mehr ſ<hwindet, habe ih ſie ſelbſt in Tiefen von 2 bis etwa 20 Faden beobachtet. Man fängt ſie auf zweierlei Art; die eine mit dem Net iſ proſaiſcher. Dasſelbe wird in Form einer übex 1 m hohen, über 31 m langen Wand auf den Meeresboden verſenkt und muß über Nacht ſtehen bleiben.