Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

46 Krebſe. Erſte Ordnung: Zehnfüßer; Familie: Aſtaciden.

Verſuche werden aber gewiß immer fehlſchlagen, da wir wohl kaum je im ſtande ſein werden, denſelben in allen ihren Stadien die erforderlichen Exiſtenzbedingungen zu bieten. Die erwachſenen Loricaten ſind Küſtenbewohner, ihre Larven dagegen, die Phylloſomen, bevölkern, beſonders des Abends, das hohe Meer, und zwar niht etwa, wie man wegen ihrer zarten Körperbeſchaffenheit vermuten möchte, ruhige Stellen, ſondern gerade ſolche, an denen der Strom am ſtärkſten iſt. Die Übergangsformen \{ließli< halten ſich ſicherlich am Boden des Meeres, in bedeutenden Tiefen auf, da weder auf der hohen See noh an den Küſten ſolche gefangen werden.“ Troßdem, wie {hon geſagt, iſt die Zugehörigkeit der Blattkrebſe zu den Panzerkrebſen bewieſen, und zwar niht bloß zu Palinurus, fondern auch zu den anderen Gattungen.

Von dieſen iſ no< eine im Mittelmeer vertreten, der Bärenkrebs (Scyllarus). Es charakteriſieren ihn die kurzen, auf dem Rücken entſpringenden Augenſtiele, die blattartigen, der Geißel entbehrenden äußeren Fühler und das breite, flache, viere>ige Kopf: bruſtſtü>. Der das Mittelmeer bewohnende Scyllarus aretus, ein ziemli<h häufiges Tier, wird über 30 em lang.

Die Familie, zu welcher unſer Flußkrebs und ſeine nähſten Verwandten gehören, fann man Krebſe im engeren Sinne (Astacidae) nennen. Wir exkennen ſie an dem ſeitlih etwas zuſammengedrückten Kopfbruſtſtü>, welches, ſowie der Nachleib, ſih mit einem gewöhnlih re<t feſten Skelett umgibt, Das erſte Fußpaar trägt ſtets große Scheren; auch das zweite und dritte Fußpaar ſind bei einigen Gattungen mit kleinen Scheren verſehen.

Dex gemeine Flußkrebs (Astacus fluyiatilis) erreiht eine Größe von 20, in ſeltenen Fällen von 25 cm. Wenn ex das an den Haaren der mütterlihen Shwimmfüße feſtgeklebte Ei verläßt, iſt der Krebs ungefähr 9 mm lang, wächſt aber raſch, ſo daß er am Ende des erſten Jahres faſt ſhon 4,5 cm lang iſt. Die Eiablage erfolgt im Herbſt, die Entwielung iſt aber, vielleiht wegen der einfallenden ungünſtigen Fahreszeit, eine ſehr langſame, denn erſt im nächſten Frühjahr oder Anfang Sommer erſcheinen die Jungen, die ſi mit ihren Scheren an den Stielen, dur<h welche die Eiſchalen mit den mütterlichen Schwimmfüßen verbunden ſind, feſthalten und bis zux erſten Häutung, alſo 10 Tage, verbleiben. Sie klammern ſi< ungemein feſt an, ſo daß ſie dur<h Schütteln niht abzulöſen ſind, ja ſelbſt no< in Alkohol mit der Alten geſeßt, dieſe niht immer verlaſſen, wie ſie denn auh zu Grunde gehen müſſen, wenn ſie gewaltſam abgelöſt werden. Nach der erſten Häutung beginnen ſie zwar ein ſelbſtändiges Leben, kehren aber doch gelegentlih und gewiſſermaßen unter dem Shwanze der Mutter Shuß ſuchend zu dieſer zurü>, bis ſie nah der zweiten Häutung (etwa am 28. Tage nah dem Ausſchlüpfen) ſich na< und na< zerſtreuen und völlig ſelbſtändig machen.

Die Flußkrebſe ſind Allesfreſſer und nebenher Vielfreſſer, d. h. ſie verſhmähen nichts, was genießbar iſt und was ſie bewältigen können: Aas, kleinere Fröſche, Kaulquappen, Waſſerſhne>en, Jnſekten und deren Larven, ihresgleichen, wenn ſie ſhwäher ſind, ja, manchmal ſollen ſie, in ihrem Loche auf der Lauer liegend, eine Waſſerratte zu pa>en friegen, fie ſo lange unter Waſſer feſthalten, bis ſie ertrunken iſt, und ſie dann mit vielem Behagen verſpeiſen. Gelegentliche Pflanzenkoſt ſcheint ein Bedürfnis zu ſein: der [ogenannte Armleuchter (Chara) wird wohl ſeines Kalkgehaltes halber gern gefreſſen, allerlei Wurzelwerk von Waſſerpflanzen muß herhalten, und mit Mohrrüben, Kürbisſtücen 2c. laſſen ſie ſih gern füttern.