Charakterologie
240 Die Charafterlehre der Individualpjychologie
ihägung — wadjende Unfähigkeit zum wirtlichen Lebenserfolg gejteigertes Bewußtjein der Minderwertigfeit. Diejer Kreislauf fommt dur Ermutigung, die realen Tebensaufgaben unmittelbar anzugreifen, zum Stehen.
Der therapeutiihe Schlüfjfel zur Öffnung der unbewuhten Kompenjationsmechanismen ijt die Stage: Was nu&t dem Patienten jeine Krank heit?, an Stelle der jonjt überall nädjtliegenden Stage: Was jhadet fie ihm? — Denn der Grundgedante ijt ja, dat die Krankheit im Dienjte einer bejtimmten Tendenz jteht, der Tendenz, auf indireftem Wege ji zu verjchaffen, was auf direftem Wege nicht erreicht werden fann. Schon die verblüffende Umfehrung diejer Srageweije tut oft Wunder. Die Einjicht, daß im Grunde genommen die Krankheit tatjählih einen Profit verIchafft, und zwar immer von der Art indireften Sieges, — zujammen mit der in jedem Menjchen vorhandenen Derachtung joldyer Art indireiten Sieges, hebt den Mechanismus zuweilen jchon joweit auf, daß die Zwangseriheinungen jchlagartig aufhören.
Durch diefen Gedanten hat jih nun der Abßent vom Mechanismus der Minderwertigfeitsgefühle und der Reaktionen auf fie gleihjam nad) vorn verlagert. Zur Heilung darf nicht gefragt werden: warum bin id) jo? jondern: was fann id, was muß id) tun, um aus diejem einengenden Mechanismus herauszufommen? Die gejundende Seele [öjt ji mithin aus diejen Mechanismen. An die Stelle der verhärteten Leitlinie: „Ich will über meinen Bruder hinaus“, tritt das Höberjtreben überhaupt, das ich, befreit von der Sirierung an bejtimmte Kinöheitsjituationen, nun voller und reicher entfalten fan. Erkennung der unbewuhten Zwangs= mechanismen, offenes, direktes Angehen der Lebensaufgaben und Ertragen der notwendigen Einjchränfungen, die die Realität jtets von uns verlangt, — das ijt der Weg zur Gejundung.
So jteht jet ein Ideal des gejunden Charafters da, das gerade von der Mechanijtit befreit ilt. Dom alten Minderwertigfeitsihema bleibt für die gejunde Seele nur noch, daß auch fie aus den erjten Widerjtänden des Lebens (bejonders aus der Konitellation innerhalb der Samilie) ihren Sebensplan empfängt, der aber nach der Bejinnung auf die zugrundeliegenden Urjachen frei und erlöjt nad) vorne hin geöffnet wird. Die Gejundung beiteht in der Aufhebung des gejchlojjenen Syjtems.
Adler hält dabei immer nody an feiner monijtijchen Konzeption des einen Grundtriebes fejt, des Machttriebes. Sachlicy liegt aud) dazu fein Grund mehr vor, und bei vielen Mitarbeitern jpielt diejer Gedante nur nod) eine jehr untergeordnete Rolle.