Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

sondern sie beide in den Bereich desselben Wesens einbezieht, in den mundus intelleetualis. An die Stelle der absoluten Transcendenz tritt die polare, die korrelative Immanenz. Die grundsätzlihe Trennung zweier Welten wird nunmehr in den Menschen selbst hineingelegt, zwischen sensus und intellectus, die gleichwohl unaufheblih an einander gebunden und auf einander bezogen sind. Der Intellekt, die Vernunft legitimiert sih dadurch als mit Gott eins, daß sie dieselben Wesensprädikate wie er aufweist: Freiheit von aller Bestimmung durch Zeit und Raum und damit der Kreatürlichkeit‘”), Einzigkeit”*) und Reinheit‘”) des Wesens, daß in sich selber beschlossen ist”®), und daß sie ferner als polares Glied gilt im Reflexionsprozeß des logos: „Bild“ zum „Urbild“, nicht im ontologischen, sondern im logischen Sinn verstanden, wie es sich aus dem Vergleich mit der Relation der wizzi zum wizen, der albedo zum albus ergibt”). Kraft dieses Verhältnisses sind beide überhaupt nur in ihrer Korrelation existent: „Vergienge das bilde, daz nä gote gebildet ist, so vergienge ouch daz bilde gotes“ (Pf. 42: 144, 50).

Neben dieser exakt logischen Form der Verknüpfung und des Beweises der Wesenseinheit des Ich mit Gott steht in Pf. 84 eine lockerere, der das bedeutsame Motiv der Nähe Gottes zu Grunde liegt”®), die aber in ihrer letzten Absicht nicht minder eindeutig ist: Gott ist das Wort, das Ich ist ein Beiwort bei Gott. Das Wesen Gottes, des Wortes ist Vernünftigkeit”®); die Seele hat ein „Fünk-

303) Pf. 42: 143,4 ff.; 11: 60,4; 20:87,23: 29: 105,26: 73: 229,7.

20%, Pf, 49: 145,12.

205) Pf, 49: 145,51.

206) Pf. 42: 144,3.

307) Pf. 42:144,17: Daz fümfte, daz ez (sc. vernünftikeit) ein bilde ist... Bilde und bilde ist so gar ein unde mit einander vereinet, daz man dekein underscheid verstän mac. Man verstät wol daz fiur äne die hitze und die hitze äne daz fiur. Man verstät wol die sunnen äne daz lieht unde daz lieht äne die sunnen. Aber man enmac dekein underscheid verstän zwischent bilde unde bilde. Ich spriche me: got mit siner almehtikeit mac dekein underscheid dä verstän, wantez wirtmiteinandergebornundstirbet ouch miteinander. Sö min vater stirbet, dar umbe stirbe ich niht. Dä du stirbt oder er, dä mac man niht mere sprechen, er ist sin sun, man sprichet wol: er was sin sun. Machet man die want wiz, in dem daz si wiz ist so ist si glih aller wizi. Seht, also ist ez hie. Vergienge daz bilde daz näch gote gebildet ist, so vergienge ouch daz bilde gotes., j

408) Pf. 84: 271,21 f., ib. z. 56: Der mensche der hie zuo komen wil, der sol sin als ein morgensterne: iemer me got gegenwürtic und iemer m& bi unde gelih nähe ... und bi dem worte sin ein

biwort. A00) Pf. 84: 269,55 ff; 272,5 ff.

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