Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

Das ist der Ausdru&k für das Bild im eigentlichen Sinn, die perfecta imago: völlig wesensgleiches und zwar einziges Abbild zum Urbild des Vaters. Der Mensch hingegen, eine Kreatur, ist nicht Bild, sondernnach dem Bilde geschaffen. In ihm ist nur eine gewisse (!) Ähnlichkeit mit Gott. Gott ist zwar auch sein Urbild, aber der Mensch steht als exemplatum an Würde weit unter ihm; nicht Wesensgleichheit bindet ihn an Gott, sondern Wesensfremdheit trennt ihn von ihm. Diese Ferne wird bezeichnet durch das „ad imaginem“,. Der Unterschied zwischen imago und ad imaginem, zwischen Sohn und kreatürlichem Ich wird sehr bezeichnend umschrieben durch folgenden Vergleich: die imago Dei sei das Bild des Königs in seinem ihm blutsverwandten und wesensgleichen Sohn; das Bild Gottes im Menschen aber sei gleichsam in einer anderen, fremden Natur wie das Bild des Königs auf einer Münze”*). Dieses unvollkommene Bild ist die imago creationis, die Gott durch die Schöpfung jedem Menschen naturhaft verliehen hat, und kraft welcher dieser eine natürlihe Befähigung besitzt, zu Gott zu kommen d. i. ihn zu erkennen und zu lieben. Um aber die natürliche Anlage aktual zu machen, bedarf es dazu noch der göttlichen Gnade, und selbst dann erkennt und liebt er Gott nur unvollkommen. Diese zweite vervollkommnete Form des Bildes ist die imago recreationis, die der Gerechte erlangt. Die höchste Formung des Bildes ist die in der Glorie, die das Bild völlig ähnlich macht, also eine totale .‚similitudo“ erreicht und somit eine totale Wesensschau Gottes ermöglicht. Dazu kommen aber nur die Seligen im zukünftigen Leben*”). Sehr beachtenswert ist die Tatsache, daß die höheren Formen des Bildes nicht grundsätzlich von jedem Menschen erreicht werden können, sondern daß speziell hinsichtlich der höchsten Form, der similitudo gloriae die Prädestinationslehre den Kreis der Seligen einschränkt: ‚non omnes predestinati sunt. Ergo non omnes homines habent conformitatem imaginis“. Im Begriff der similitudo liegen beim Heiligen Thomas zwei sehr verschiedene Bedeutungen. Zunächst bedeutet similitudo die bloße Ähnlichkeit im Gegensatz zur Gleichheit. Insofern ist im Menschen naturhaft eine „quaedam similitudo non tamen secundum aequalitatem“. Es ist eine bloße Vorstufe zur vollkommenen imago! Die zweite Bedeutung besagt gerade im Gegenteil die Vollendung der naturhaft angelegten imago, wie man von einem Bild sagen kann, es stelle seinen Gegenstand mehr oder minder vollkommen dar; so wird im Stand der Glorie die bloß naturhaft geschaffene imago zur vollkomme-

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