Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

wesensgleihe wachsend entwickelt. Sie muß nur „entdeckt“ werden, das Ich muß sich in seiner höheren Natur selber finden’).

Es soll nicht grundsätzlich bestritten werden, daß Eckhart die thomistishe Bildlehre nicht auch einmal vertreten habe: nur tritt. soweit ich aus den ‘mir zugänglichen Texten sehe, diese traditionsgebundene Haltung gegenüber der neuen völlig zurück und ist im Rahmen seiner gesamten Lehre durchaus nicht markant. Wo aber die traditionellen Lehrbegriffe vorhanden sind, da scheinen sie durchaus nicht mehr die strenge Bedeutung zu haben wie in dem System ihres Urhebers, und sie werden neben den kühnen Folgerungen Eckharts belanglos, mehr eine traditionelle Belastung als eine gedankliche Förderung. Charakteristisch dafür ist die Predigt Spamer 1 aus dem Opus sermonum über das Thema: „Cuius imago hec et superscriptio (Matth. XXIL, 20). Die erste Frage geht auf den Träger des Bildes, der sogleich bestimmt wird als der obere Seelenteil, „ubi anima vere lJux est, non extinetum ex contagione ad corpus ... ubi superius in anima, ubi vertex anime nectitur lumini angelico“ (Sp. 5.4ff). Das Bild ist der primogenitus, Abbild zum Urbild des unsichtbaren Gottes (6,12). Da das Bild in der Seele ist. stellt Eckhart die Frage, auf welche Weise wir diesem gleich werden können (6,24). Die Immanenz besagt also auch eine Wesensgleichheit des Trägers mit dem ihm Immanenten. Das Schriftzitat II Cor. 3,18 bringt die Lösung durch den Transformationsbegriff: „in eandem ymaginem transformamur a claritate in claritatem“. Das „von Klarheit zu Klarheit“ wird nun erläutert durch die traditionellen Begriffe „a naturali lumine in supernaturale et a lumine gracie tandem in lumen glorie“. Die Vorbedingung zur Erreichung dieser höchsten Stufe ist die Abscheidung. die im Anschluß an den Begriff der superscriptio aus dem Predigtthema erörtert wird. Zur Wesensbestimmung des Abgeschiedenen zitiert Eckhart Apoc. 3,12: „Wer überwunden hat. den werde ich zu einer Säule meines Tempels machen, und er wird ferner nicht mehr hinausgehen und ich werde auf ihn meinen Namen schreiben“. Es sprechen daraus die Gedanken der Wesenseinheit und der Immanenz.

Nachdem so in knappen Zügen der Predigtinhalt skizziert ist, gibt Eckhart eine ausführliche Erörterung des Bildbegriffs und zwar allein über die imago perfecta, den Sohn. Das thomistische „ad imaginem“ im Menschen wird mit keinem Wort berührt, weil ja vorausgesetzt wird, daß der Mensch selber durh Transfor-

435) BeTr, 45—46. Pf. 65: 198, 13 ff.

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