Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

got mensche worden ist, also wär ist der mensche got worden“ (Pf. 47: 158,8), „dar umbe nam got mensliche nature an sih ... Dä wart menslich nature got!“ (Pf. 94: 306,31), und zwar gilt das nicht nur für Christus, sondern für den Menschen schlechthin!

Eine solche Lösung ist für Eckhart, der doh eine Verbindung von Kreatur und logos immer aufs schärfste bekämpft, nur dadurch möglich, daß er die Menschennatur nicht mehr als Kreatur begreift, sondern als den Wesensursprung des kreatürlichen Menschen. Die Relation Menschheit — Mensch, humanitas homo ist wesensmäßig derselben Art wie die von iustitia iustus (cf. n. 453; IV 505 f). Von der Menschennatur heißt es, sie habe ein „insweben“ in der Gottheit (Pf. 13:65,4 ff), und sie wird bezeichnet als „einveltiger grunt“ (ib.)"), der durch Abscheidung gewonnen werden kann. Damit vollzieht sich eine Identifizierung der Menschennatur mit dem Seelengrund*").

Das ontologishe Problem, welche konkrete Menschennatur denn von Christus angenommen werde, ist durch die logische Wendung zum Wesenheitsbegriff beseitigt, und es ergibt sich nun die eigentümliche Paradoxie, daß Christus keine „konkrete“, sondern gerade die abstrakte Menschennatur, die Wesenheit annimmt. Die Wesenheit aber ist ewig, da sie nur in Gott sein kann: Et sie non oportuit, so hatte der Heilige Thomas diese Lösung abgetan, quod (humana natura) assumeretur a Verbo, cum ab aeterno sibi adfuerit (S. Th. II, 4, 4 ad 2). Die Fleischwerdung Gottes führt sich selbst ad absurdum, weil die „Menschheit“ als das Wesen des Menschen selber schon Christus ist”), der nur durch die Abscheidung befreit werden muß. Daneben stehen freilich noch andere gedanklihe Wendungen, die die Menschheit erst durch den Prozeß der Transformation oder der Wesensverleihung zum Sohn werden lassen”), was aber keine prinzipielle Abschwächung bedeutet. Das Inkarnationsproblem in seinem ontologischen Sinn ist damit nun freilich nicht gelöst, weil das Problem auf eine ganz andere Ebene verschoben ist; aber es ist auch gar nicht zu lösen, weil es falsch gestellt ist und sich als Scheinproblem erweist. Logos und Kreatur können nie eins werden, weil das Eine das Sein ist und das Ändere das Nichts. Wenn man den ec&hartischen Kreaturbegriff hier hereinbringt — das Problem verschiebt sich freilich, da die Menschheit

20) 7PF. 13265514 #1) cf. Pf. 13:65, 14-66. ef. Pf. 47: 158, 1 ff. #62) cf, Pf. 94: 506, 33 ff. 83) Pf. 47:158,9; 77: 250, 21.

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