Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

mit dem Ausdruck der Geburt bezeichnet”); somit stehen im Menschen zwei Seiten einander gegenüber. Der kreatürliche Mensch ist geschaffen und Geschöpf, der wesentliche Mensch ist geboren von Gott und Sohn. Eben diese Doppelheit ergibt sich auch an dem Motiv des Gerechten und des edlen Menschen. Der Gerecdte als solcher ist ungeschaffen, geboren, Gottes Sohn; der „Mensch“ am Gerecten ist Kreatur und geschaffen‘®). Der edle Mensch ist einerseits geboren von der Kreatur, andererseits aus Gott”). Die Predigt Pf. 87 hat für diesen Gegensatz das außerordentlich prägnante Begriffspaar von Sein und Werden: ‚min wesenlich wesen ist aber got, als wir got nemen einen begin der kreaturen; wan in dem selben wesen gotes, dä got ist oben allem wesen und ober underscheid, dä was ich selber, dä wolte ich mich selber und bekante mich selber ze machenne disen menschen, und hier umbe so bin ich min selbes sache nach minem wesen, daz &wie ist, unde niht nach minem werden, daz zitlich ist. Und hier umbe so bin ich ungeborn und nach miner ungebornen wise, diu &wie ist, so enmac ich niemer ersterben. Nach miner ungebornen wise so bin ich &wiglich gewesen und bin nü und sol &@wicliche beliben. Daz ich bin nach gebornheit, daz sol sterben und sol ze nihte werden, wan es ist toetlich: hier umbe so muoz ez mit der zit verderben“) (Qu. 38, 11 ff). Damit ist der Gegensatz von Ungeschaffen und Geschaffen zurückgeführt auf den von Sein und Nichts. Dem Sein entspricht das Wesen der Seele, dem Nichts die Kreatur, und die Einheit beider Seiten im Menschen ergibt sich aus dem Wesensgesetz, welches das Nichts unter die gesetzlihe Bestimmung durch das Sein bringt, Der äußere Mensch ist an sich das Nichts”®), der sich an die Mannigfaltigkeit des Sinnlichen verliert, wenn er nicht durch den inneren Menschen als seinen Gesetzgeber bestimmt wird. Der äußere Mensch, der mundus sensibilis, bekommt durch den inneren Menschen, den mundus intelligibilis, die Struktur und Form, die ihn überhaupt erst zur Existenz bringt. Die Einheit zwischen Ungeschaffenem und Geschaffenem ist nunmehr definiert als die 5) Dem entspricht auch Pf. 14:69,7, daß das Bild Gott nicht als Schöpfer nehme, sondern als ein vernünftiges Wesen, da die Erzeugung des Bildes ein „vernünftiger Ausgang“ Gottes ist. *#%) Belt. 8,55—9,15; III 386, 28. 1) BeTr. 51,17 #®) Der Ausdruck der „ungeborenheit” hat hier eigentümlicherweise dieselbe Bedeutung wie sonst bei Eckhart die Geburt, Die „geborenheit“ bedeutet hier dagegen Geschaffenheit. ef. Pf. 88: 285,15: Dö der vater gebar alle creäturen, dö gebar er mich! #0) cf. die Wendung: peccatores qui non sunt.

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