Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

Menschenseele resp. ihre höchste Kraft (266, 36) unversehens in die Idee der Seele verwandelt, denn der hier zur Diskussion stehende Satz 267,7 ff kann jedenfalls mit der von mir vorgenommenen Änderung „ungeschaffen“ von Ec&hart, dem Scholastiker (!), nicht als für die irdische Seele geltend gemeint sein. Nie bezeichnet E&khart schlehthin die Seele als ungeschaffen oder gar als unerschaffbar“ (Pred. M. E’s p. 721).

Der in Frage stehende Text heißt nah BT.: „Da got die s@le berüeret hat unde geschaffen unschöpflich“, nad Straßburg in I 155, 12: „Da got die sel berürt hat und (diu sele)°®) berürt ist und ungeschaffen und ungeschöpflich, da ist die sel als edel als got selber ist nach der berürung gotes. Got rürt si nach im selben.“ Durch die Berührung Gottes wird die irdische Seele nicht in die Idee der Seele verwandelt, sie verliert nicht ihre „reale“ Existenz, sondern _ wenn man den Gedanken der Unterscheidung von irdischer Seele und Idee der Seele einmal gelten lassen will — die irdische Seele, die als Kreatur ein reines Nichts ist, wird durch die Berührung Gottes verwandelt in Gott zum Sein und gewinnt dadurch überhaupt erst Existenz. Der Gedanke, daß durch die Berührun & Gottes erst Existenz geschaffen werde, gehört der Schöpfungslehre an und bringt Edkharts neuen Schöpfungsbegriff sehr prägnant zum Ausdruck”). Schöpfung geschieht nicht aus dem absoluten. sondern aus dem privativen Nichts. Somit kommt in den Begriff des Geschaffenen eine eigentümliche Doppelbedeutung hinein. Einerseits wird das reine Nichts ein Geschaffenes, eine Kreatur genannt, andererseits das aus dem reinen Nichts existent gewordene ens. So scheint Eckhart hier die „irdische“ Seele durch die Berührung Gottes erst zur eigentlich realen, existenten Seele zu machen, sie zu „schöpfen“; daher wohl der paradoxe Ausdruck: „geschaffen unschöpflich“ in BT. wegen der Totalität und Homogeneität der Bestimmung. Die Wesensgleichheit kommt in der Wendung zum Ausdruck: „Got rürt si nach im selben“. Dieser die Wesensgleichheit vollziehenden Aktivität Gottes entspricht die die Wesensgleichheit empfangende Passivität der Seele: „die sel nympt ir wesen an mitel von got; dar umb ist got der sel näher denn si ir selber si, dar umb ist got in dem grunt der sel mit aller siner gotheit“ (I 151,9 ff).

Es ergibt sich aus diesen Überlegungen, daß man nicht ..irdische Seele“ und „Idee der Seele“ unterscheiden kann als zu

°°*) (diu sele) fehlt in der Handschrift, scheint mir aber notwendig

ergänzt werden zu müssen. cf. I 151, 16 ff. 50) JV 241-245,

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