Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

Seele, ersetzt Eckhart durch die präzisere: Gott gebiet mich seinen Sohn und zwar denselben Sohn®®). Dies Motiv, daß das Ich der eingeborene Sohn sei, hat er in großem Umfang angewendet und damit den Kern seiner theologischen Absicht aussagen wollen. Es bedarf freilich verschiedener Ansätze, ehe er zur letzten konsequenten gedanklichen Form kommt. Die Gottesgeburt als Prozeß scheint zunächst etwas an sich zu sein, an das das Ich zwar gleichberechtigt angeschlossen, aber in das es noch nicht letztlich fest eingeordnet ist. Die Trinität ist gleichsam zu einer „Quaternität“ geworden, obwohl die theologischsystematische Absicht doch nur auf eine Polarität geht.

In der Predigt Pf. 12:63,25 ist das Ich als Freund an die Polarität Vater — Sohn angesclossen: „In der selben geburt sprichet er uns sine friunde“. Das Ich steht noch neben Christus dem Eingeborenen””), der gleichsam der Mittler ist, um die totale Offenbarung von Gott dem Ich zuzutragen’“). Dann erscheinen aber Wendungen, die unmittelbar zur Identität mit dem Eingeborenen überleiten. Der Sohn offenbart uns, daß wir derselbe Sohn sind (Pf. 74: 254,14): vom Ich heißt es, es sei ein einiger Sohn des Vaters mit Christus und sei ein Sohn. Der begrifflich scharfen Ausformung der Korrelation liegt das Axiom zu Grunde, daß Gott nur ein einziges Werk wirke, nämlich seinen Sohn gebäre. Daher gäbe es nur einen einzigen Sohn und alle Söhne müßten daher der eine eingeborene Sohn sein’”). Mit dieser These ist die strenge Form der Polarität Gott — Ich erreicht und die Notwendigkeit und Allgemeinheit einer religiösen Urerfahrung ausgesprochen. Die Predist, in der Eckhart zu der Folgerung kam, den Sohn als Mittler zwischen Gott und Ich auszuschalten, und das Ich selber als eingeborenen Sohn zu bestimmen, läßt sich geradezu angeben. Dazu müssen die Texte Pf. 46: 156,29 und Jostes 11,16—-26 zur gegenseitigen Erhellung herangezogen werden. Das Thema der Predigt ist der Johannesvers (Joh. 17,2): „.. auf daß er (sc. der Sohn) das Leben gebe allen, die du ihm gegeben hast“. Bei Jostes (11,20) interpretiert Ec&hart in dem Sinn: „Ich (sc. der Sohn) gebe ihnen die Tota-

536) Pf, 65: 205,4 ff.

7) Pf. 66:207,17: Der vater gebirt sinen sun in dem innegesten der sele unde gebirt dich mit sime eingebornen sune, niht minner. Pf. 50:165,14: Allez, daz der vater geleisten mac, daz gebirt er dem sune in, daz der sun ez geber in die sele... cf. ib. 166, 17: 44: 151,56 ff.: 71: 224, 32 ff. =», Pf. 50: 167,9: er (got) enmac nümme haben denne einen sun, wan

er nuwen ein verstentnis ist. Hete er tusend süne, die müesten

von nöt alle ein sun sin. cf. Pf. 45: 147,38; 47: 157,52; 65: 205,12; 66: 207, 28.

538)

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