Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

korrelativ-immanenten Wesens erhebt sich ein korrelativ-transitives Wirken: Gott spricht in mich, ich realisiere das Gesprochene (das Wahre, Gerecte, die Liebe) durch ein tätiges Wirken in der Welt am Nächsten. Dadurch wird erst die Bindung zwischen Gott und mir wirklich gemacht. indem ich selber fruchtbar werde, das Gehörte fruchtbar mache in meinen Taten, dann wird in jeder Tat Gott von mir geboren’®*), und wie Gott durch sein Wort in meine Seele kommt, so komme ich jetzt durdı meine Tat wieder zu Gott zurück: „Daz der mensche got empfähet in ıme, daz ist guot, und in der enpfenclichkeit ist er maget. Daz aber got fruhtber in im werde, daz ist bezzer, wan fruhtb£rkeit der gäbe daz ist alleine dancberkeit der gäbe und da ist der geist ein wip in der widergebornen dancberkeit, da er gote widergebirt Jesumin daz veterliche herze“ (Pf. 8:45, 14 ff) °*) °®).

Die Gottesgeburt in der Seele erfährt bei Eckhart eine unausgesetzte sachliche und terminologische Präzisierung, die zwei Tendenzen verfolgt: die Betonung der Einheit des Wesens und der personalen Polarität, in der jedes Mittelglied zwischen Gott und Ich ausgeschaltet und das Ich letzilih als der eingeborene Sohn Gottes ausgezeichnet wird, dann aber selbst über diese Polarität der Einzigkeiten hinaus die Relation Vater — Sohn beliebig vertauschbar wird, um so die absolute Gleichgewichtigkeit der Korrelation im Gegensatz zu dem scholastischen „Pater principium totius deitatis“ zu erreichen. Die Wendung: In der Seele gebiert sich „got selben got in gote” (44: 151,19) führt unmittelbar an die klare Formulierung der absoluten Wesenseinheit der Seele mit Gott hinan: „Swenne der wille also vereinet wirt, daz ez wirt ein einic ein, so gebirt der vater von himelriche sinen einbornen son in sich in mich. War umbe in sich in mich? Da bin ich ein mit im, er mac mich üzgesliezen niht (Pf. 10: 55,22 ff).

Die Immanenz Gottes in der Seele ist für alle präziseren gedanklichen Bestimmungen immer der Ausgangspunkt, um den sich dann gleichsam in konzentrischen Kreisen die weiteren Folgerungen legen und eine immer dichtere Bestimmung des Erfragten bewirken. Die These: Gott gebiert seinen Sohn in der

2) Pf. 59: 189,9 7f.; 45: 147, 35 ff.

5) Pf. 85:274,55 (— Qu. 42,56): Dar umbe gebirt got sinen sun in einer vollekommenen sele, uf daz si in vort uz gebere in allen irn werken.

55) Zur Korrelation der Geburt cf. Pf.: 8: 56: 125, 20,40; 59: 189,5 ff.; 80:257,40f.: 8 88: 286, 40: 45: 147,50; Pf. 597, 25.