Die Klassengegensätze von 1789 : zum hundertjährigen Gedenktag der grossen Revolution
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ſih damit, daß der beſte A>er von Zeit zu Zeit gedüngt werden müſſe. Seitdem iſt der Adel ziemlich tief in den Dünger hineingerathen. Die Salons der hohen Finanz glichen immer mehr denen des Adels und, was die Annäherung der beiden Klaſſen: vielleicht am meiſten beförderte, ſie fanden ſih im gleichen Kothe. Die Proſtituirten waren für Lebemänner aus dem dritten Stande ebenſo feil wie für Grafen, Herzöge und Biſchöfe. Jm Bordell verſchwanden alle Standesunterſchiede, und der Hof von Frankreih ähnelte einem ſol<hen in bedenklicher Weiſe. Wir haben oben geſehen, wie ein Erzbiſchof eine Königin mit Diamanten zu erfaufen geſucht hatte.
Verſchiedene Sthriftſteller (ſo z. B. Bu>le) haben in der zunehmenden. Vermiſchung der Adeligen mit den Geldleuten von Paris ein Reſultat des „demokratiſchen Geiſtes“ geſehen, der vor dem Ausbru<h der Revolution angeblih in allen Köpfen \pukte, zu welcher Klaſſe immer ſie gehören mochten. Schade, daß um dieſelbe Zeit gerade auf das Betreiben dieſer „demokratiſchen“ Edelleute hin die Ahnenprobe für den Offiziers\tand verſchärft, die Kirchengüter für eine aus\{hließli<he Apanage des Adels erklärt und neue adelige Sinekuren in der Bureaukratie geſchaffen wurden. Es waren niht die demokratiſchen Jdeen, ſondern materielle Jutereſſen, welche, während ſie in Bezug auf die Staatsämter die ariſtokratiſche Exkluſivität verſchärften, die äußerliche Trennung zwiſchen dem alten -«Grundadel und dem neuen Geldadel zuſehends abſchwächten. |
Dieſe „Vorurtheilsloſigkeit“ des - Pariſer Adels auf ‘dem Gebiet der Geſelligkeit var natürlich: den Krautjunkern eiù Greuel. Noch mehr vielleicht die Vorurtheilsloſigkeit auf religiöſem Und moraliſchem Gebiet. Der Landadelige, der no< inmitten des alten feudalen Getriebes lebte, hielt auh feſt an den Gedankenformen, die demſelben entſprachen, an der Religion ſeiner Väter. Für den Pariſer Adeligen waren dagegen die Ueberreſte des Feudalismus nur no< Mittel, die Maſſen auszubeuten und niederzuhalten; einen anderen Sinn hatten für ihn ſeine Funk tionen niht mehr, von denen ſih meiſt nur no< der Titel und die dem entſprehenden Einkünfte erhalten hatten. Von dieſem Standpunkt aus betrachtete er auch die Religion, Für ihn ſelbſt, der in der Stadt fern von den feudalen Ruinen lebte, verlor ſie: jede Bedeutung; ſie erſchien ihm nur no gut, gleih den andern: Ueberreſten der Feudalzeit, die Maſſen niederzuhalten und aus=