Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

das Wort satosatessa (d. h. “wörtlich: een), Als Wesens-Entwesung bezeichnet er den von mir als desqualificatio bezeichneten Vorgang des Umdenkenmüssens der unmittelbaren Gegebenheit .... Buddha geht dabei aus von der Frage: Was bin ich? Er legt dar, daß wenn man sein unmittelbares phänomenales Selbst mit dem Tode vernichtet denkt, darum doch nicht mitvernichtet gedacht werden könne das Bildungsprinzip (der nisus forınativus), welches zur Zeit als mein Leib und mein Leben in Erscheinung trat. Denke ich aber auch dieses mein zweites Selbst hinweg so taucht alsbald dahinter auf ein drittes geistiges Prinzip. Wofern ich auch das nicht anerkenne als mein Wesen (attä), sondern es verneine, so taucht dahinter auf wieder eine ganz andere zeitund raumlose Wesenheit. Kurz, nach Buddhas Meinung ergibt sich, daß es überhaupt nicht möglich ist, auf dem Wege der Wissenschaft je hinzugelangen zu einem WesenhafitWandellosem. Wie aber gelangt man außerhalb der Wissenschait dahin? Einzig dadurch, daß man’s ist.

Ich will das die Wirklichkeit herausarbeitende Verfahren der Wissenschaft nennen das gegenständliche oder abendländische Verfahren. Ihm stelle ich nunmehr gegenüber einen Weg symbolischer Erkenntniß.

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Goethe (welcher wenig Sinn besaß für das matematische Weltbild Europas) weigert sich in seiner gegen Newtons physikalische Erklärung des Lichtes gerichteten ‚Geschichte der Farbenlehre‘ zu verzichten und abzugehn von den unmittelbaren Wahrnehmungen seines Auges.

„Licht ist licht! Blau ist blau!‘ so ruft er trotzig und kindlich . „Ich vertraue auf die Natur. Sie lügt nicht. Gott erhalte uns unsere Sinne und bewahre uns vor einer Theorie der Sinnlichkeit. Bewegungen, Schwingungen, Wellen und Wellenlängen, das sind Newtonsche Flausen.'

Das ist naiv. Aber ebenso naiv war das ann Heraklit hat um 500 v. Chr. ausdrücklich niedergeschrieben die uns fast täppisch anmutenden kindlichen Worte: ‚Die Sonne ist zwei Fuß breit‘. Lukrez aber behauptete um 50 v. Chr., im Blütealter der römischen Bildung:

‚Größer ist nicht der Sonne flammendes Rund, Als Deinem Sinn es erscheint.‘