Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

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richtende, gerechtende, setzende, gesetzende, feststellende Verstand (mens von mentiri verstellen und lügen) findet hinter den Phänomenen lebendiger Natur eine zweite, dritte, n-te Wirklichkeit. Damit gerät er hinter die Natur. Hinter das Leben! Zr 2

42. Homunkulus.

ae Raum.“ \ Goethe. Faust Il.

Das Weltbild des wissend gewordenen Menschen gilt in Europa-Amerika für das Weltbild schlechthin. Wir kennen . kein anderes. Wir haben somit eine Welt von Rechenmünzen gesetzt an die Stelle der ursprünglichen Lebensschau. Dadurch sind wir fähig geworden gleich Goethes’Faust, dem unermeßlichem Element Siedlungsland abzugewinnen und das Meer umzuwandeln in Rosengärten für Menschen. Aber es fragt sich, ob wir nicht zuletzt dabei einbüßen, insofern wir ja auch nur ein Stück des vom Geiste vergewaltigten Elementes sind.

Eines ist freilich unwidersprechlich klar. Wir haben keine Wahl. Wir können die Wirklichkeit der Wissenschaft nicht . auilieben. Denn wir würden ohne diese Wissenschaft und ihre _ Wirklichkeit gar nicht fortbestehen als Menschen. Wir bedürfen unsrer Bewußtseinswirklichkeit wie die Muschel ihrer Schale oder die Schnecke ihres Hauses bedarf. Aber auch die Grenze unsrer menschlichen Wissenschait liegt uns klar vor Augen. Nie vermag Wissenschaft zu fassen das Lebendige, Augenblickliche, Unwiederholbare, Gegenwärtige. Niemals stößt sie auf das schlechthin Einmalige und Besondere alles Lebens. Sie betrifft immer nur das Allgemeine, das Bündige oder Wertvolle. Das heißt: Sie ist (mit Goethes Worten) „jenes chemische Männlein in der Retorte, welches als ein Geist alles begreift und weiß; aber nichts davon ist. Darum nämlich, weil er nie Etwas, das heißt: etwas Eigenartig-Bestimmtes ist.“ ... Der Geist ist also grenzenlos, grade darum, weil er nur leben kann in seinem Kolbenglase. Einzekerkert-hinter die