Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

16 I. Das Zeitalter der franzöſiſchen Revolution.

ſich mit der Abſicht, aus dem Staatsdienſte zu ſcheiden, gewann aber wieder allmählich die Herxſchaſt über ſich ſelbſt. Es gab auch bald alle Hände voll zu tun, denn eine neue Koalition gegen Frankreich ſollte ins Leben gerufen werden. England ſchürte die Kriegsluſt auf dem Kontinente und der König von Neapel ſ<hlug ſogar die Abmahnungen Thuguts mißachtend — ſchnell los. Doch der öſterreichiſ<he Miniſter war etwas bedächtiger geworden und der Weckruf zum Kampfe löſte ſich nicht mehr jo leicht wie früher von ſeiner Zunge. Es bedurxſte erſt des ungeduldigen Anſporns von ſeiten Rußlands, um Öſterreich aus der Ruhe zu reißen. Zar Paul. hatte ſeine Truppen bereits ihren Marſch antreten laſſen, und ſie ſtanden am Beginne des Jahres 1799 ſchon auf öſterreichiſhem Gebiete bereit, gegen Frankreich loszuziehen. Am 1. März überſchritt das franzöſiſche Heer den Rhein, während die öſterreichiſchen Regimenter unter Erzherzog Carls Führung über den Leh marſchierten. Wenige Tage ſpäter erklärte Frankreich an Öſterreich den Krieg, der alsbald ſeine Schre>en über mehrere Länder ausbreitete.

Seit Jahresfriſt tagte in Raſtatt ſhon der Kongreß von Diplomaten, wo es vielerlei Zeitvertreib gab. Dort entwidelte ſich nach einem böſen Worte Thuguts auch ein Jahrmarkt, bei dem mit reichsdeutſchen Beſizungen Handel getrieben wurde. Allerdings ſehr vorſichtig, ſehr langſam, ſo daß die Arbeiten nicht re<t vom Fle>e famen! Durch den Ausbruch des Krieges erhielt das Treiben der Diplomaten einen jähen Abſchluß. Das Ende geſtaltete ſich aber zu einer entſeßlichen Tragödie. Am 28. April 1799 — ungariſche Szekler Huſaren hatten eben Raſtatt beſezt — verließen die franzöſiſchen Geſandten den Ort ihrer unabläſſigen Wühlarbeit. Da tauchte mit einem Male die grauenvolle Kunde auf, die Vertreter Frankreichs ſeien in der Nähe des Rheinauer Tores überfallen und bis auf den glü>lih entfommenen Debry niedergemacht worden. Dieſe Untat hat ſchon in der Zeit ihres Geſchehens viel Staub aufgewirbelt und ſeither die Federn eifriger Forſcher raſtlos in Bewegung geſeßt. Es ſteht nun heute feſt, daß der Mord von den Szekler Huſaren verübt wurde, ohne daß man die Beweggründe und die eigentlichen Urheber der grauſamen Tat deutlich genug zu erkennen vermöchte. Viel Wahres iſt an den Tag gebracht worden, doch nicht die ganze Wahrheit. Sie wird vielleicht nie zum Vorſcheine kommen. Öſterreichs Soldaten haben das Blut verſprizt — wer aber hat ſie dazu veranlaßt ?

Die kriegeriſchen Operationen der Öſterreicher und Ruſſen erſtre>ten ſich über Schwaben, über die Schweiz und über Ober-