Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

26 IT. Der Kampf gegen Napoleon.

fiſche Jntereſſen veranlaßten ihn dazu; daher waren bei den Beratungen die ſtaat3rechtlichen Konſequenzen nur flüchtig berührt worden.

Zar Alexander T. löſte ſeine Hände bald von dem Schlepptaue Frankreichs. Mancherlei Vorkommniſſe hatten ihn verſtimmt, ſo gelegentlihe Äußerungen und Maßnahmen Napoleons, die Rußland in ſeiner orientaliſchen Politik ſtörten. Die Entfremdung zwiſchen Paris und St. Petersburg nahm zu und erweiterte ſich zur Feindſchaft. Alexander I., dieſer begeiſterungsvolle Monarch, der, von der Außenwelt durch ſeine Kurzſichtigkeit und Schwerhörigkeit etwas abgeſondert, ein um ſo reicheres Fnnenleben führte, predigte den Krieg. Kampf wider Napoleon! Der Wiener Hof wurde umworben und blieb nicht ſpröde. Napoleons Umwälzungen und Pläne in Ftalien ſchienen Öſterreichs venezianiſchen Beſiß zu gefährden — Bosnien und Serbien wurden der Monarchie bereits als Erſaß angeboten — und Graf Ludwig Cobenzl, der Stifter des öſterreichiſchen Kaiſertums, beſaß für Rußland aufrichtige Neigung. So kam denn zunächſt das óöſterreihiſ<-ruſſi\ſ<e Bündnis vom November 1804 zuſtande, das einen friedfertigen Charafter auſwies und nicht dem Angriffe, ſondern der Verteidigung galt. Aber der Zar ſpann ſeine Fäden weiter. Fünf Monate ſpäter wurde hinter dem Rücken der öſterreichiſhen Staat8männer ein engliſ<-ruſſiſ<her Vertrag abgeſchloſſen, der nihts Geringeres als eine allgemeine Erhebung der Kontinentalſtaaten gegen die Herrſchaft des Kaiſers der Franzoſen zum Ziele ſezte. Fn Öſterreich, wo man ſi< vor Napoleon ſhüßzen wollte, aber keine Luſt empfand, mit dieſem kriegstüchtigen Manne ernſtlih anzubinden, war man verblüfft, als von dem Bündniſſe zwiſchen England und Rußland Mitteilung geſchah. Man weigerte ſih in Wien, dem Offenſivvertrage beizutreten. Erzherzog Carl führte unter den Frieden38mahnern das Kommando; er ſeßte alle Hebel in Bewegung, um einem kriegeriſchen Abenteuer vorzubeugen. Doch Napoleons Unternehmungen in Jtalien — im Mai 1805 krönte ſi< der Korſe ſelbſt im Dome zu Mailand — und die Drohungen Rußlands blieben niht ohne beſ<hwingenden Einfluß. Sorgenvoll gab Kaiſer Franz am 7. Juli 1805 die Zuſtimmung zum Anſchluſſe an die Koalition. Der Befehl zur Mobiliſierung der Armee wurde erteilt.

Napoleons durchdringendem Blicke war der Wandel nicht verbor=gen geblieben. Beſſer als ſein Geſandter in Wien hatte er aus der Ferne die Stimmungen und Abſichten beurteilt. Die „große Armee“, die ex bei Boulogne verſammelte, ſcheint nicht ſo ſehr für den