Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

TIT. Metternich gegen Deutſchlands Freiheit. 91

von denen unſer gemeinſames Vaterland bedroht iſt, ein trauriges Reſultat tiefgreifender älterer Ereigniſſe, ein Produkt bedauernswerter Jrrtümer, überhaupt eine Wirkung von Urſachen ſeien, deren Schuld eine andere Zeit als die unſre trägt. Wer wäre nun eitel genug, zu glauben, daß menſchliche Beratungen ein Übel, das leider eine ſo weit hinaufreichende und ſo vielfach verzweigte Geſchichte hat, in weniger Monate Friſt mit der Wurzel ausrotten und ſeine Spuren vertilgen könnten? Unſer Troſt darf jedoch ſein, daß geſchehen iſt, was menſchliche Kräfte vermochten und mehr noch als dies, daß ein Weg gefunden und eröffnet iſt, der, wenn er mit treuem und beharrlichem Feſthalten an dem einmal als Recht Erkannten verfolgt wird, nicht bloß aus den in dieſem Augenbli>e drohenden Gefahren und Bedrängniſſen zu führen, ſondern auh für alle Zukunft auf einen beſſern Pfad der Ordnung, der echten Freiheit und des Rechtes zu leiten geeignet iſt... .“ Ein Schlußprotokoll mit 60 Artikeln bildete das Ergebnis der gemächlichen Miniſterkonferenz. Nur ein Teil davon — ſoweit er in die Form von Bundesgeſeßen gegoſſen wurde — fam zur Kenntnis der Öffentlichkeit. Über die weſentlichſten Beſchlüſſe wurde erſt zehn Jahre nachher Licht verbreitet. Die Regierungen ſollten unbeirrt durh die Wünſche und Forderungen der Landtage vorgehen. Käme es dadurch zu Streitigkeiten zwiſchen den Kabinetten und den Ständen, dann hätte ein Schiedsgericht die Angelegenheit zu ordnen. Dieſes Schied8gericht aber, das Metter= nich beſonders pries, wurde ſo geſtaltet, daß es Geiſt vom Geiſte der Bundesverſammlung, alſo Fleiſ<h vom Fleiſche Metternichs war. Die Wiener Miniſterkonferenzen bildeten einen wichtigen Punkt

im Lebensgange des öſterreichiſchen Staatskanzlers; mehr ſollte er in den deutſchen Landen nicht erreichen können, mehr war aber faum zu verlangen. Von der alten Kaiſerſtadt aus beherrſchte der Feind des Volkes, der Freund aller Müden und Trägen nun den Deutſchen Bund mit ſeinen rund drei Dußend Staaten und Regierungen. Öſterreich war die Vormacht in Deutſchland — freilich ein trauriger Führer in einer traurigen Zeit. Nach den Wiener Miniſterkonferenzen ging es mit ‘dem Einfluſſe Metternichs ſachte abwärts. Jm Jahre 1840 beſtieg in Preußen Friedrich Wilhelm IV. den Thron. Ein König kam zur Herrſchaft, deſſen Charakter rätſelhaft, deſſen Weſen ſ<hwer mit einem Worte zu faſſen war. Jn der Abneigung gegen den modernen Konſtitutionalismus ſtimmte der Monarch als ſtolzer Verteidiger des überlieferten Fürſtenrechtes zwar mit Metternich überein, ſonſt unterſchied er ſich von ihm vielfach. Jn