Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Vorbereitungen zu der Expedition nah Aegypten. 153

der Feldherr, welcher ſi dort hervorthat , konnte gewiß ſein, mit einer unvergleichlihen Glorie umgeben, und mit Niemand mehr verwechſelt zu werden. Die in der Nähe des Nils, im Angeſicht der Pyramiden vollz brachten Thaten mußten die Einbildungskraft der Menſchen no<h mehr als die Siege am Po und an der Etſch hinreißen. Denn es ſchien ſel= tener und ſ{<wieriger zu ſein, fi mit einem Kranz von Lotus als von Lorbeer zu ſhmüden. Das Glüc hatte die Laufbahn deſſen, der ſo lange ſein Liebling bleiben ſollte, wunderbar günſtig eingeleitet, indem es ihn, in der Blüthe des Lebens, in jene ahnungsvolle Ferne, an die Pforten des Orients führte, wo die frühſte Geſchichte der Völker in räthſelhaften Denkmalen eingegraben iſ, und von wo immer die Erſcheinungen, welche 2as Leben der Menſchheit am Tiefſten bewegt haben, ausgegangen ſind. In der Art, wie Bonaparte Gelegenheit fand, ſeinen Namen in Aegyp= ten zu verherrlichen, hat die Wirklichkeit den Dienſt der Dichtung verſehen. Es iſ dies die poetiſchſte Epoche im Leben dieſes außerordent. lihen Mannes, in welcher von ihm, wie in dieſem Grade von Niemank vor ihm, die unermeßliche Kluft zwiſchen dex tiefſten Vergangenheit und der unmittelbarſten Gegenwart einen Augenbli> lang ausgefüllt worden iſt. Es können manche Ereigniſſe aus Bonaparte's Leben fortgedact werden, ohne daß er weſentlich erin Anderer wäre. Aber ohne ſeinen Feldzug in Aegypten würde ſeinem Daſein ein eigenthümliher Zau= ber fehlen.

Bonaparte ließ ſich jeßt die Vorbereitungen zu dem großen Unter= nehmen, Aegypten für Frankreich und Europa mit den Waffen in der Hand zu erſchließen, mit dem größten Eifer angelegen ſein. Auf ſeinen Antrieb wurden die beſten Bataillone der Armee von Italien, während die Engländer no< immer glaubten , daß es auf ihr Land abgeſehen fei, bei Toulon verſammelt, und aus ganz Südfrankreich Verſtärkungen daz hin beordert. In allen franzöſiſchen und unter franzöſiſcher Botmäßigleit ſtehenden italieniſhen Häfen des Mittelmeeres wurde an der Aus= rüſtung von Kriegs = und Transportſchiſſen gearbeitet. Das tiefſte Gez heimniß waltete über den Zwe> dieſer Vorbereitungen ob. Selbſt der Kriegsminiſter Scherer und der zum Kommando der Flotte beſtimmte Admiral Bruèys waren von der Mitwiſſenſchaft ausgeſloſſen ge=blieben. Um ſich niht dur< Zuziehung von Unterbeamten einem Ver= rath auszuſeßen, fertigte der Direktor Merlin von Douai alle Befehle eigenhändig aus.

Das Direktorium hatte Bonaparte die Auswahl der Diviſions= und Brigadegenerale ſeiner Armee überlaſſen. Derſelbe war dabei mit