Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Stellung der franzöſiſchen Armeen. 187

dur< eine Zahlung von mehren Millionen Franken vor franzöſiſcher Beſetung zu retten geſucht.

Das Direktorium hatte, obgleich es einen großen Krieg ſcon ſeit einiger Zeit mit Beſtimmtheit vorausſehen konnte, niht die zur Führung eines ſolchen nöthigen Vorbereitungen getroffen. Die franzöſiſchen Heere lagen, von Holland bis Calabrien, über einen unermeßlichen Raum hin zerſtreut, und waren nirgends zahlrei genug, um einem kräf= tigen Angriff mit Nachdru> begegnen zu können. Von der Conſcription waren im Februar niht 40,000 Mann zum Heere geſtoßen. Das Diz reftorium, welches blos dur die Unterſtüßung der Militairmacht be= ſtand, hatte, um auf die lezten Wahlen einzuwirken, ſo viel Truppen als möglich im Innern zurübehalten. Es ward fein allgemeiner Kriegs= plan entworfen. Das erſte militairiſche Talent nächſt Bonaparte , wel= hes der Republik zu Gebote ſtand, Maſſena, war, aus Neid und Eiferjut, niht mit der Leitung des Ganzen beauftragt worden. Die Aus=

cüſtung und Verpflegung der Armeen blieb, wie immer unter dem *

Direktorium, den einzelnen Generalen überlaſſen, und es waren in dieſer Beziehung keine zwe>mäßigen Veranſtaltungen getroffen worden. Ein einmüthiger Plan und Wille mate ſi in dieſem Kriege weniger als ſelbſt in den erſten Feldzügen der Revolution geltend. Die Fähigkeit der Anführer und die Tapferkeit der Krieger war ſeit ſieben Jahren in unaufhörlihen Kämpfen erprobt worden, und ſollte ſi< au< diesmal nicht verläugnen. Aber die Umſtände waren viel ſ<wieriger als früher geworden.

Die vom Direktorium aufgeſtellten vier Hauptarmeen: am Mittel= rhein unter Bernadotte — an der Donau unter Jourdan — in der Schweiz unter Maſſena — in Îtalien unter Scherer — machten wenig über 150,000 Mann aus. Weit von ihnen entfernt ſtand Macdonald mit 28,000 Mann im Neapolitaniſchen, und Brune mit 12,000 Mann in Holland. An der Donau und in Îtalien waren die Oeſterreicher allein ſtärker als die Franzoſen ; ein Mißverhältniß, vas ſich na< An=funft der Ruſſen no< bedeutend vermehren mußte. Die vom Direkto= rium verſuchten Mittel, die Nation zum Kampfe zu begeiſtern , blieben, weil es kein Vertrauen beſaß, ohne Wirkung.

Der Krieg brach ſchon vor der öffentlichen Erklärung Anfang März in Graubünden aus. Eine antifranzöſiſche Partei hatte dort die Hülfe der Oeſterreicher in Anſpruch genommen „ 'und deren Eintritt erleichtert. Die Franzoſen wollten dieſen Canton den Oeſterreichern entreißen, und pur die Beſebzung des öſtlichen Alpengebirges ihre Streitkräfte in dem