Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

240 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.

großen Umſchwunge der Dinge im Jahre 18183, in den Einen die Sehnſucht na< Wiederherſtellung der alten Verfaſſungsformen, in den Anderen der Drang nah Nü>kehr der vollen früheren nationalen Unabhängigkeit hâtte regen ſollen.

Schon vor der Annäherung der verbündeten Heere im December 1813 hatte die Tagesſatzung in Zürich die Neutralität der Eidgenoſſen= ſaft in dem großen Kampfe proklamirt, und ihre Kontingente zu deren Beſchüßung nach den Gränzen abgeſchi>t. Aber die Macht entſprach nicht dem Willen. Zugleich waren Bevollmächtigte an Napoleon nach Paris und in das Hauptquartier der verbündeten Monarchen nach Frankfurt am Main , behufs der Anerkennung dieſer Neutralität, entſendet worden. Napoleon ging auf dieſen Antrag, der ihm nur vortheilhaft ſein konnte, bereitwillig ein; die Verbündeten verwarfen ihn aber , da er ſie bei ihren militairiſchen Operationen in offenbaren Nachtheil geſeßt hätte , ſprachen ſi indeſſen günſtig für die Erhaltung der Unabhängigkeit der Eidgenoſ= ſenſchaft aus. Eine große öſterreichiſche Streitmacht rü>te in der zweiten Hälfte Decembers in die Schweiz ein, um von da gegen Frankreich weiter zu ziehen. Alsbald ward die Mediationsakte in den meiſten Kantonen abgeſchafft. Wallis und Genf erhoben ſi gegen die franzöſiſche Herrſchaft. Eine Gefahr drohende Verwirrung trat ein. Vern wollte die früher von ihm abhängig geweſenen Kantone Waadt und Aargau mit Gewalt wieder unter ſeine Botmäßigkeit bringen. Ueberall regten ſich die Anhänger des Alten, die früher bevorrehteten Stände und Landſchaften, und ein Bürger= krieg ſchien unvermeidli<h zu ſein, da die Partei derer, welche ſeit der Mediatiousakte am Nuder geſeſſen, in der Maſſe des Schweizervolkes mehr Anhang als ihre Gegner beſißend, ſi ebenfalls anſchi>te, ihre Nechte mit den Waffen in der Hand zu vertheidigen. Die uneigennüßige Vermittlung der verbündeten Monarchen, namentlich die Rathſchläge des Kaiſers Alexander , dem eine Wiederherſtellung des Alten in der Schweiz, eben ſo wenig wie einige Monate ſpäter in Frankreich , geeignet erſchien, und die Spannung, die der Krieg gegen Napoleon erregte, der mehre Monate lang Alles in der Schwebe hielt , verhinderten eine größere Bewegung, und halfen den Schweizern über dieſen bedenklihen Wendepunkt in ihrer Geſchichte hinaus.

În dem Entwurfe zu einem neuen Bundesvertrage , von den Oeſandten aller Kantone, mit Ausnahme von Bern, Wallis und Freiburg, unterzeichnet , wurde durch das Hinzutreten dreier neuen Kantone, Genf, Wallis, Neufchatel , die Zahl derſelben auf zwei und zwanzig gebracht (12. Sept. 1814). Hierauf wurde der Wiener Kongreß beſchi>t, und