Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

318 Neueſte Geſchichte. 2, Zeitraum.

zögerte im entſcheidenden Moment, als das engliſche Centrum unter den wüthenden Angriffen der {weren franzöſiſchen Reiterei zu wanken anfing, Ney mit der Garde und den Reſerven zu unterſtützen, weil ex dieſe gegen die anrü>enden Preußen aufſparen zu müſſen glaubte.

Aus allen dieſen Gründen zuſammengenommen war das Gefecht auf dem Mont St. Zean noh nicht entſchieden und das engliſche Centrum nit gebrochen, als Bülow und nach ihm Blücher mit einem friſchen Heere ſi auf die von einem ſe<sſtündigen ununterbrochenen Kampfe er\{<öpften Franzoſen warfen. In dieſem Augenbli>, wo die auf dem Mont St. Jean ſtehenden Truppen Ney's von den Engländern in der Fronte, von den Preußen in der Flanke angegriffen wurden, bemächtigte ſich zuerſt einiger Bataillone und dann der Maſſen ſelbſt ein paniſcher Schre>en, und Alles warf ſi von den Höhen in die Ebene herab. Der Verſuch, die Kolonnen zum Stehen zu bringen und zu ordnen , die Er= mahnungen und Vorwürfe der Generale und Officiere blieben vergeblich. Der Heroismus Einzelner kennt keine Gränze als den Tod. Aber der Muth der Menge, ſelbſt der tapferſten , ſinkt, ſobald ſie fühlt, daß der Sieg unmöglich geworden iſt. Die Engländer waren den Tag über durc die Ausſficht auf die Ankunft der Preußen aufrecht erhalten wor= den. Den Franzoſen fehlte jetzt jede Hoffnung.

Blücher hatte Wellington allerdings unter allen Umſtänden ſeine Hülfe zugeſagt. Aber er hätte A nit erfüllen können, wenn Grouchy bei der Verfolgung dtr Preußen nach der Schlacht von Ligny ſich thätiger gezeigt hätte. Blücher war den 18. Zuni über ohne Nachricht von der Stellung der Engländer geblieben, und hatte ſih na< dem Kanonendonner gerichtet. Grouchy, ſonſt ein erfahrener und in hohem Grade perfönlich tapferer General, bewies an dieſem Tage nit die früher fo oft dargelegte Umſicht und Entſchloſſenheit, ſondern hielt ih wörtlich an die ihm zuerſt gegebene Ordre, bei Wavres ſtehen zu bleiben, und die Preußen aufzuhalten, deren Hauptmacht, ihn aber umgehend, auf Waterloo marſchirte, während er ſi damit begnügte, einige nichts entſcheidende Gefechte zu liefern. Auf dieſe Art fehlte Napoleon auf dem eigentlichen S<hlachtfelde ſein ganzer re<hter Flügel, 40,000 Mann ſtark, unter Generalen wie Grouhy, Gerard, Vandamme und Excelmans. Bei Ligny hatte die Unthätigkeit d’Erlon's nur den Sieg unvollſtändig gemacht, die Grouhy's am 18. Juni brachte eine vollſtändige Niederlage hervor.

Als Napoleon die ſi< oom Mont St. Jean herabſtürzenden auf= gelöſten Linien ſeines Heeres betrachtete, das no< wenige Stunden vor-