Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794
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General Arthur Dillon eines Komplottes angeklagt wurde, welches die Entführung des jungen Prinzen zum Zwece haben ſollte, befahl der Wohlfahrts-Ausſhuß dem Pariſer Maire, den Sohn von der Mutter zu trennen. Die Treunung wurde vollzogen am 11. Juli 1793. Sie iſt in den Akten des Tempelraths folgendermaßen verzeichnet :
„Die Trennung iſ geſchehen mit aller Senſibilität, die man unter dieſen Umſtänden erwarten konnte, wo die Magiſtrate des Volks alle Rückſichten, die mit dem Ernſt ihrer Amtspſlichten verträglich waren, haben walten laſſen.“
Natürlih war in Folge dieſer Trennung Marie Antoinette ſehr niedergeſchlagen. Jhrem Sohne wurde, damit er ſih keine Krongedanken, feine Hirngeſpinſte in den Kopf ſegen ſollte, ein ehrſamer Handwerker, ein Schuhmacher, welcher Simon hieß, zum Erzieher gegeben. Dieſer war ein guter Republikaner und ſiedelte mit ſeiner Frau in den Tempel über. Ex ſpielte mit dem kleinen Prinzen Dame, lehrte ihn die Carmagnole ſingen und: „Es leben die Sanscülotten !“ rufen.
Den 2. Auguſt wurde die Königin aus dem Tempel ausquartiert unid in das Conciergerie-Gefängniß übergeführt. Sie war jezt achtunddreißig Jahre alt. Am 14. Oktober 1793 hatte ſie vor dem RevolutionsTribunale zu erſcheinen. Sechs Tage vorher war ihre Tochter dur Chaumette, Hebert und Pache vernommen worden. Auch der junge Schuſter wurde durch Hebert vernommen und unterzeichnete eine Erklärung, wonach ſeine Mutter ihn zur Ausſhweifung verführt haben ſollte. Judeß machte das Revolutions-Tribunal von dieſer Erklärung, wegen deren ſich Robespierre über Hebert ſehr erbittert äußerte, feinen Gebrauch.*) Mit der Königin wurden konfroutirt der gefangene Ex-Maire Bailly, der gefangene Ex-Prokurator Manuel, der Ex-Miniſter Tour und der ge_fangene Girondiſt Valazé, von denen nur die beiden Leßtgenannten dur ihre Ausſagen die Königin kompromittirten.
Als Geſchworene fungirten in dem Prozeſſe der Königin : ein Perrü>enmacher, zwei Schneider, zwei Tiſchler, ein Schloſſer, ein Zimmermann, ein geweſener Gerichtsdiener, ein Chirurg, ein Maler und ein gewiſſer Picard, deſſen Profeſſion nicht genannt iſt.
Den Geſchworenen wurden folgende Fragen geſtellt: „Jt es erwieſen, daß Umtriebe gemacht worden ſind, um den äußeren Feinden der Republik Unterſtüßung in Geld zu liefern, ihnen den Eintritt ins Gebiet des Landes zu öffnen und hier den Fortſchritt ihrer Waffen zu erleichtern ? Iſt Marie Antoinette von Oeſterreih überführt, bei dieſen Umtrieben mitgewirkt zu haben? — Jt ein Komplott, welches die Entzündung des Bürgerkriegs zum Zwecke hatte, erwieſen ? — Hat Marie Antoinette an dieſem Komplotte theilgenommen ?“
Die öffentliche Verhandlung dauerte vom 14. bis zum 16. Oktober früh 1/25 Uhr. Da die Geſchworenen die Königin für ſchuldig crflärten,
*) Beaulieu berichtet in der Biographie Hebert's, daß Robespierre geſagt habe: „Dieſem Böſewichte (Hebert) war es alſo niht genug, aus ihr (aus der Königin) eine Meſſaline zu machen, nein, er mußte auh noch eine Agrippine aus ihr machen!“ — Man hat übrigens Robespierre nachgeſagt, daß er Madame Eliſabeth, die Schweſter des Königs, habe heirathen wollen,