Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15., S. 250
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Illuſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.
Verluſten auf italieniſher Seite. Immer mehr ſtellte es ſih heraus, daß ſih Öſterreih-Ungarn auf den italieniſhen Krieg wohl vorbe=reitet hatte, indem es an der Grenze feſte Stühpunkte [<uf, die für die Jtaliener uneinnehmbar waren. Am 28. Auguſt konnte der öſterreihiſ<h -ungariſhe General=ſtab in ſeinem Tagesberihte mel= den: „Heute iſt ein Vierteljahr ſeit der Kriegsertlärung unſeres ein= ſtigen Verbündeten vexrfloſſen. Die ungezählten Angrifſe des italie= niſchen Heeres haben nirgends ihr Ziel erreicht, wohl aber foſten fie dem Feinde ungeheure Opfer. Un=
ſere Truppen halten nah wie vor ihre Stellungen an oder nahe der Grenze.“ :
Man kann ſi<h denken, daß unter ſolhen Verhältniſſen die Italiener mit immer größerer Be=ſorgnis nah Oſten bli>ten, wo der Siegeslauf der verbündeten. deutſchen und öſterreihiſh-ung riſchen Heere deren endgültig Sieg in immer größere Nähe rü>t War ſchon jetzt im Kampfe mi einer bloßen Grenzverteidig nihts zu erreihen, wie ſollté es “werden, wenn in Oſten Mann=ſchaften frei wurden, die den Öſter= reihern und Ungarn geſtatteten, _zum Angriff gegen die Jtalienex zu ſhreiten. Erhöht wurde: die all= gemeine Sorge no< dur< die trüben inneren Zuſtände, in die Jtalien dur< den Krieg geſtürzt worden war. Dur eine wenig günſtige Ernte wurde das Land gezwungen, 10 bis 12 Millionen Doppelzentner Getreide im Ausland zu taufen. Statt der früheren Einnahme aus dem Getreidezoll mußte alſo allein für Getreideeinfuhr ein Opfer von mehr als 40 Millionen Lire gebraht werden. Die größte Sorge bereiteten den Ftalienern aber die Finanzen. Nachdem aus einer Kriegsanleihe im Januar rund 2000 Millionen Lire verfügbar geworden waren, die dur<h eine Bankengarantie gede>t wurden, brachte es eine zweite Anleihe no< niht - ganz auf 1200 Millionen Lire ein\<hließli<h der Übernahme von 200 Millionen Lire dur<h eine Bankengruppe. Dieſer Betrag wurde aber niht ganz eingezahlt.
Dabei iſt zu beachten, daß dieſe Summe im Auguſt längſt ver= : i ausgabt war und daß der Notenumlauf Jtaliens Anfang
Auguſt bereits die Höhe von 3 Milliarden Lire erreiht
hatte. England aber hielt Jtalien in der Schlinge feſt. Auf einer Finanzkonferenz in Nizza wurden die Förmlihfeiten der engliſ<hen Geldunterſtüßung, die bis dahin nur Kreditunterſtüßung im eigenſten Intereſſe Englands wax, „[päterer Vereinbarung“ vorbehalten, was zur Folge hatte, daß England ſeine fernere Hilfe von der Bereit= willigkeit Jtaliens zur Unterſtüßung des Dardanellenunternehmens abhängig machte.
ZU den Geldſorgen geſellte ſi no< eine ſhon nah Zzweimonatiger Kriegführung ſehr drüdtende Munitionsnot. Alle maßgebenden italieniſ<hen Blätter, wie „Corriere della Sera“, „Stampa“, „Tribuna“, „Jdea Nazionale“, „Giornale d’Italia“, brahten ſhon in der zweiten Hälfte des Juli tägli<h Artikel über den Mangel an Munition... Wenn
ähnlihe Sorgen nah einem vollen Kriegsjahre Engländer
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und Franzoſen drü>ten, ſo war dies immerhin ertlärli, daß aber Jtalien tro der langen Friſt zur Rüſtung ſo wenig vorbereitet in den Krieg zog, daß es ſhon nah zwei Monaten an ſ{<hwerem Munitionsmangel litt, ſtellte dem Verantwortlihkeitsgefühl der maßgebenden Behörden ein ſehr ſ<hle<htes Zeugnis aus. Immer lauter erhob ſih der Ruf, Cadorna müſſe Munitionsarbeiter von der Front
na< Hauſe ſhi>en, weil es ſonſt niht mögli ſei, den Be-
dürfniſſen des Heeres Rehnung zu tragen. War alſo trot der bisher nur defenſiven Haltung Öſterreih-Ungarns der Landkrieg nihts weniger als ein Triumph für Jtalien und brachte. er ihm weit mehr Sorgen, als die Kriegsheßer gedacht haben mochten, ſo hatten die Ereigniſſe zur See ein no< weit ungünſtigeres Ergebnis für Jtalien, denn hier war es die öſterreihiſ<=ungariſ<he Marine, die vom erſten Kriegstage, ja von der exſten Kriegſtunde an die
Offenſive ergriff und behielt. Gegen Ende Juli trafen k. u. kE