Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten, S. 198

Jnſtructionen über den Juhalt und den Umfang der Vollmachten zu geben, mit welhem der Letztere ausgeſtattet war.

Ketſchet verſicherte, daß es „die erſte Sorge“ des Pfortencommiſſärs ſein werde, die Agas, welche ſi< in Beſiß chriſtlicher Wohnhäuſer geſet haben, zu verdrängen und zur Gutmachung

des angerichteten Schadens zu verhalten. Die.

Pforte habe ferner die Ernennung eincs Mudirs (Bezirkschefs) in Popowo angeordnet, welches Amt einem bosniſchen Chriſten angeboten wurde, der es jedoh „aus Familienrü>ſihten“ abgelehnt hat. Ferner ſei Waſſa mit der Organiſirung eines eigenen Corps von Panduren betraut, die, mit neun Gulden monatlicher Beſoldung, „über die Sicherheit der rükkehrenden Flüchtlinge zu wachen“ hätten. Zu demſelben Zwee ſollten reguläre Truppen in der Nähe und außerhalb der <riſtlichen Niederlaſſungen im Lager ſtehen. Jeder heimkehrende Flüchtling ſollte per Tag eine halbe Oka (1!/, Pfund) Getreide erhalten und dieſe Unterſtützung bis zur Ernte fortdauern, zu welchem Zwete die Pforte drei Millionen Piaſter (300.000 Gulden ös. W.) zu verwenden beabſichtigte.

Die noh unter Waffen ſtehenden Fnſurgentenführer weigerten ſih jedo< wie biéhecr, den ihnen von Ahmed Mukhtar Paſcha angebotenen Waffenſtillſtand anzunehmen ; ſie pochten dabei offenbar auf die Lage der Feſtung Nikſic, die in der That von Tag zu Tag bedrängter wurde, nahdem es Mukhtar nicht gelungen war, den Duga-Paß zu forciren und dieſem ganz ausgeſezten Grenzfort Proviant zuzuführen.

Die erſte Confernz endigte mit dem Ergebniſſe, daß zunächſt die Veröffentlichung einer neuen Proclamation an die cFnſurgenten und Flüchtlinge erfolgen ſollte; in derſelven ſollten nohmals die Reform-Bewilligungen der Pforte aufgezählt und betont werden, daß für die Durchführung derſelben die Mächte mit ihrer moraliſchen Garantie einſtehen würden, ferners ſollte nohmals die vollſtändige zweijährige Steuerfreiheit, die Verabfolgung alles Nothwendigen zur Beſtellung der Felder und zum Wiederaufbau der zerſtörten Häuſer auf Staatskoſten zugeſagt und ſhließli<h die Einziehung des Eigenthums Derjenigen angedroht werden, welche niht binnen drei Wochen zurü>kehren würden. Es fam ferner no< die Nothwendigkeit der Einſtellung der Feindſeligkeiten zur Sprache, wozu ſi<h Ahmed Mukhtar Paſcha wohl in thatſächlicher, keineswegs aber in formeller Bezichung bereit erklärte, und nur noch die Bedingung daran knüpfte, daß der Verprovian tirung von Nikſic kein Hinderniß von den Jnſurgenten in den Weg gelegt werde.

Die Conferenz inRaguſa war zu Ende; Ali reiſte am 30, nah Trebinje ab, Wa ſſa

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verblieb auf Weiteres. Oeſterreichiſhe und montenegriniſche vermittelude Parlamentäre wurden in ſämmtliche Jhſurgentenlager abgeſandt, um die Fuſurgenten zur Unterbre<hung der Feindſeligkeiten zu bewegen. Wenn die JFnſurgenten einwilligten, ſollte der Waffenſtillſtand am 1. April beginnen. Während desſelben ſollten die Fnſuxgenten direct dur< Ali Paſcha, deu Generalgouverneur der Herzegowina, zur Waffenniederlegung und Rückkehr zum Frieden bewogen werden.

Aber — die von Baron Nodi in: der erſten Proclamation in Ausſficht geſtellte Getreidebetheilung und der Aufbau der zerſtörten Häuſer wurden türkiſherſeits während der Verhandlungen geſtrichen; auch alle ſonſtigen, den Fnſurgenten günſtigen Forderungen und Anerbietungen Rodich?s im Friedenſtiftungs-Fntereſſe wurden türkiſcherſeits zurü>gewieſen. Die Proclamation vom 28. März wurde als das Aeußerſte der den Jnſuxrgenten zu gewährenden Zugeſtändniſſe und als die einzig mögliche Garantie türkiſcherſeits erklärt. Ju Folge deſſen geſtand der außerordentliche Pfortencommiſſär Waſa Effendi mittelſt neuer Proclamation nur folgende Friedensſtiftungs- und Wiedereinſeßungs-Maßnahmen zu. 1. die Rückkehr der Flüchtlinge wird vom 24. März an gewährt und muß binnen vier Wochen erfolgen. 2. Für die Zurückgekehrten wird eine General-Amneſtie erlaſſen, 3. Die Befreiung vom Zehent wird auf ein Jahr, von den übrigen Ahgaben auf zwei Jahre gewährt. 4. Die Beſchlagnahme der Güter der Nichtzurückkehrenden bleibt angedroht. Natürlih zweifelte man, in Folge dieſer Abſchwächung der Proclamation allgemein an dem Eingehen auf den Waffenſtillſtand ſeitens der Jnſurgenten. Es zeigte ſi< au< hier wieder, daß die Pforte die prächtigſten Zugeſtändniſſe auf dem Papiere zu machen verſtand, daß jedoch nict eines derſelben in Wahrheit durhgeführt wurde.

Troß aller widrigen Umſtände wurde der ſogenannte Waffenſtillſtand dadurch ermöglicht, daß der Fürſt von Montenegro Nikſic von ſeinem Gebiete aus verproviautirte; andererſeits richteten die Juſurgenten-Chefs Sotſchißza, Pawlowitſch u. A. an den Muſchir (OberGeneral) Mukhtar Paſcha ein Schreiben nah Raguſa, worin ſie ſi eine Einſtellung der Feindſeligkeiten erbaten, um ihrerſeits zu einer Unterredung fommen zu können, zu welcher ſic Baron Ro dich dur< den Fürſten von Montenegro nah der Suttorina einladen ließ, da ihnen das Betreten der öſterreichiſchen Grenze niht geſtattet werden konnte. Mukhtar Paſcha erklärte ſich bevollmächtigt und bercit, auf dieſes Anſinnen einzugehen. Baron Rodi erfüllte damit cinen Auftrag des Grafen Andraſſy, der ſeinerſeits wieder hiermit einen jener Schritte that, welche die Pforte gelegentlih ihrer Zuſtimmung zu den