Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten, S. 201

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Die Agenten des Prinzen wanderten zuerſt nah der Herzegowina und verſuchten dort eine Schaar für den Prinzen zuſammenzubringen vergebens. Es war ja gegen das Jntereſſe Montenegros, welhes wegen der Herzegowina auh auf Serbien eiferſüchtig iſ, no< zu geſtatten, daß ein dritter Fürſt in der Herzegowina das Wort führen ſollte. Die Agenten des Prinzen begaben ſich demzufolge nah Bosnien. Endlich gelang es ihnen, in Agram einen Kaufmann, reſpective Gewürzkrämer, ausfindig zu machen, der, als geborener Grenzer, eine ausgebreitete Bekanntſhaft niht nur in der Militärgrenze, ſondern auh in Bosnien beſit. Jndem derſelbe glaubte, daß der Prinz über ein großes Vermögen verfüge, verwendete er ſi< zu deſſen Gunſten und mit Erfolg.

Jn kurzer Zeit kämpfte der Prinz denn auh bei Bojna und anderen Orten in Bosnien. Wenn wir ſagen „kämpfte“, mag das vielleicht nicht ſo wörtli<h zu nehmen ſein, denn man ſagt ihm nah, daß bei dem Vergleiche zwiſchen dem „ſerbiſchen“ und dem ſpaniſhen Don Carlos dem Lekbteren grauſames Unrecht geſchehe, weil derſelbe \tets einen perſönlichen Muth an den Tag gelegt und nihts von jener Abneigung gegen gefährliche Schießwaſfen gezeigt habe, die man dem „ſerbihen“ Don Carlos zu eigen giebt; es ſoll eben bisher deſſen militäriſhe Thätigkeit in einem höchſt vorſichtigen Ausweichen vor den Türken beſtanden und ex ſtatt mit Kugeln blos mit Ankündigungen und Bronce-Medaillen um ſi geworfen haben.

Kurz, ſei dem wie ihm wolle, als Peter's Beſtrebungen in Belgrad ruhbar wurden, wendete man alle Mittel an, um den Prinzen aus Bosnien zu verdrängen. Der Gewürzkrämer überzeugte ſih davon, daß der Prinz kein Vermögen beſißze und er ſelber keinen Nußen von demſelben ziehen könne, mit Ausnahme deſſen, was er als Proviſion von beiläufig fünf- bis zehntauſend Gulden bekommen. Er benüßte alſo die Gelegenheit, ſeine Dienſte au< in Belgrad anzutragen.

Dies wurde angenommen. Bald darauf erſchien in Agram ein ſerbiſher General, Namens Vlaskowitſ<, der mit demſelben Gewürzkrämer nah Koſtajnitza 2c. reiſte, und glei darna<h fam eine Schein-Skupſchtina bosniſcher Emigranten und Anderer in Jamnitza zuſammen, wo beſchloſſen wurde, daß der Prinz binnen aht Tagen den bosniſchen Boden räumen müſſe. Der ehemalige Agramer Agent des Prinzen hatte dieſen Antrag geſtellt. Der Prinz hatte damals (es war Anfangs Fanuar) au< wirkli< Bosnien verlaſſen, kehrte indeß- bald wieder auf den Jnſurrections-Schauplaß zurü>.

Nicht lange darauf verlautete in Belgrad, es

ſei die dortige Polizei einer Verſhwörung auf |

die Spur gekommen, deren Fäden außerhalb der

Grenze Serbiens verliefen. Es ſoll dabei auf eine Erſeßung der Dynaſtie Obrenowitſ\< dur< die Prätendenten-Familie Karageorgewit \< abgeſehen geweſen ſein; ſpeziell hätten die Verſhworenen den Sohn des Exfürſten Alexander, den in Bosnien an der Spie einer FFnſurgentenſchaar ſtehenden Peter Kar ageorgewitſ< als künftigen Regenten Serbiens in's Auge gefaßt. Es hieß, daß die Verſhwörung eine Legion Betheiligter unter den ſerbiſchen Umſtürzlern zähle, welhe dur< Verſprehungen gewonnen wären, die ſi<h auf eine ſerbiſche Actions-Politik des Prätendenten beziehen. Man wollte ſogar behaupten, daß {hon etwa im December des Vorjahres ein beabſichtigtes Attentat auf den Fürſten Milan durh re<tzeitig aus dem Auslande eingelangte Warnungs8ſignale vereitelt worden ſei. Wiewohl nun die Polizei ſehr thätig war und viele Verhaftungen vornahm, gelang es ihr do<h niht, die Hauptagenten des Komplotes zu erforſchen.

JFebt war der Prätendent wieder in Thätigfeit und es ließ fi< erwarten, daß man bald mehr von derſelben hören werde.

Der Ex-Archimandrit von Banjaluka, Pelagitſ<, welcher einige Wochen vorher von Belgrad, wohin er ſi<h wegen Verabfolgung von Waffen an die bosniſchen Fnſurgenten begeben hatte, unverrichteter Sache zurü>gekehrt war, erneuerte nun abermals ſeine Schritte in Belgrad und langte diesmal mit einer ſehr beträchtlichen Ladung von Gewehren belgiſchen Fabrikats im Fnſurgentenlager von Riſovaß ein. Es fand eine allgemeine Erhebung der Einwohner des Biſatzer Kreiſes ſtatt; unter Golub und Babitſch ſammelten ſi< zahlreihe Jnſurgentenſchaaren, concentrirten ſi< am Fuße der Paſtierewoplanina, nahmen au< hundertvierundzwanzig Serben auf und zwangen eine aus vierhundert Nizams und zweihundertundfünfzig Baſchi-Boſchuks beſtehende, von einem Miralaj (Oberſten) befehligte türkiſche Truppen-Abtheilung na< dem erſten Zuſammenſtoße bereits zum Rücfzuge.

Die Erbitterung der Bosniaken war überhaupt bedenkli< geſtiegen ; dieſelbe war niht nur dur< fremde Agenten künſtli<h genährt worden, ſondern es trugen viel dazu auch die Gräuelthaten bei, welche in jüngſter Zeit von den Türken in Bosnien verübt worden waren. So hatten dieſelben z, B. in Czerna -Ri>a bei Novi das Haus von Stojan Babitſch angezündet und deſſen Weib und drei Kinder niedergemeßelt. Der Mann entfloh. An demſelben Tage überfielen die Türken die Dörfer: Ruißko, Podzwidz und Podkalina, metelten Männer und Kinder nieder, ſhändeten Mädchen und Weiber, plünderten und verbrannten, was ihnen in den Weg kam.

Jn Folge ſo furhtbarer Scenen erſchien von Seite der bosniſhen Flüchtlinge in Form einer