Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

entwidelt ſi< mit ſtaunenswerther Schnelligkeit ein reihlihes Städteleben. Auf dem - türkiſchen Ufer jedo< vermag der unparteiiſhe Beobachter nur geringe Fortſchritte zu verzeihnen.

Von geſchichtlihen Erinnerungen knüpft ſich an Niko polis namentli<h das Andenken an jenen großen Sieg des Sultans Bajazid, welcher das Loos Bulgariens für nahezu fünf Jahrhunderte entſchied. Von Gallipoli, wo ſie zuerſt Fuß gefaßt, griff die junge osmaniſhe Macht in immer weiter gedehnten Zirkelſhlägen na<h Eroberungen aus. Jm Fahre 1388 überſ<hwemmte Murad

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bereits Donau-Bulgarien, und Czar Sis8man mit ſeiner Familie mußte ſi<, nachdem Nik opolis gefallen war, bei Tausli dem Sieger auf Gnade ergeben. Wenige Fahre ſpäter hatten ſi< die oſteuropäiſhen Staaten unter ſein Joch gebeugt. Bulgarien und das Serbenreih waren auf dem Amſelfelde Koſſowo 1389 zertrümmert worden. Mirtſcha, der Walachenfürſt, hatte ſich 1391 unterworfen. Bald zitterten auh das entferntere Polen und Ungarn für ihr eigenes Loos, denn der Halbmond betrat ein Jahr ſpäter zum erſten Male ungariſchen Boden.

Die Ruſſen überſ<reiten den Balkan,

Bald na< dem Uebergange der ruſſiſchen Hauptarmee bei Siſtowa und der Beſezung dieſer lebtern Stadt, und insbeſondere als Achmed Ejub Paſcha, ohne irgendwie Widerſtand zu verſuchen, den Ruſſen Biela mit der Jantra-Linie freigab und ſi< auf die Lo mLinie und bald darauf hinter dieſelbe zurü>zog, wurden von Conſtantinopel aus, in richtiger Erkenutniß, es könnte den Feinden leiht gelingen, den gänzli<h ungeſchüßten und unvertheidigten Balkanwall zu durhbrehen und ſi< in Numelien auszubreiten, über Hals und Kopf alle nur verfügbaren Truppen mittelſt Bahn nach Adrianopel befördert, um von dort aus zum Balkan vorzurü>ken und alle nur gangbaren Engpäſſe zu beſeßen und ſo lange zu halten, bis Suleiman Paſcha mit ſeinem Corps, welches gleichzeitig von Montenegro aus herbeigerufen wurde, herbeieilen und dem feindli<hen Vordringen Einhalt gebieten könne. Das Commando über alle dieſe an den Balkan dirigirten Truppen wurde dem geweſenen Marineminiſter Reouf Paſcha übertragen; derſelbe kam am 4. Juli in Adrianopel an, vereinigte dort ſein bald auf 22 Bataillone Funfanterie, 4 Batterien und mehrere tauſend Jrreguläre angewa<ſenes Corps und rü>te mit demſelben am T7. gegen den Balkan vor. Mittlerweile hatten die ruſſiſchen Truppen ſ<on Tirnowa und Selvi beſebt; Reouf Paſcha warf daher, da er vorausſeten mußte, der nächſte Angriff werde der hohwihtigen Paſſage bei Schipka, dem bequemſten und bedeutendſten Uebergange des ganzen mittleren Balkan, gelten, den größten Theil ſeiner Truppen nah Scipfa, ließ die übrigen Päſſe zur Rechten und Linken nur vou ſ<wachen Kräften bewachen und nahm ſelbſt mit dem Reſte ſeiner Truppen jenſeits der Tun dſcha, zwiſhen Eski-Sagrha und Karlo1oa,; eine Reſerveſtellung ein. Am 11. begann der Vormarſh der Avantgarde des ruſſiſhen 8. Corps gegen den Schipka-Paß;

am nächſten Tage wurde Gabrowa beſeßt und am 13. eine Recognoscirung gegen Schipka zu vorgenommen. Der Paß ſelbſt auf ſeinem höchſten Punkte, eine halbe Stunde vor dem Dorfe Schipka, war von 10 Bataillonen YJufanterie mit 10 Geſhüßen unter Mehemed Paſha beſeßt, die Zugänge zu demſelben, ſowie die wichtigſten Stellungen waren durc in aller Eile aufgeworfene Feldbefeſtigungen verſtärkt worden. Die Recognoscirung der Ruſſen, ſowie ein am folgenden Tage mit bedeutenderen Kräften unternommener Vorſtoß wurde von den türfiſchen Truppen ſiegreih zurücgewieſen. Die Erwägung, daß eine Forcirung des SchipkaPaſſes wohl mit großen Schwierigkeiten verbunden ſein dürfte, ſchien den feindlichen Befehlshaber bewogen zu haben, dieſe wichtige Stellung zu umgehen, Gleichzeitig mit dem Vormarſche auf Gabrowa-Schipka war General Gurko mit einem Detachement von Tirnowa aus in öſtlicher Richtung gegen Elena entſendet worden, um die Operationen des Hauptcorps gegen etwaige Flankenangriffe Saf vet Paſchas, der mit ſeinem Corps bei Osman-Bazar ſtand, zu hüben. Als nun der directe Angriff auf Schipka niht gelang, erhielt dieſes Detachement den Befehl von Elena aus einen paſſenden Uebergangspunkt zu wählen und dur<h die Beſeßung Kaſomliks den den Paß vertheidigenden türkiſchen Truppen in den Rüen zu fallen. Am 13. wurde demna<h Elena verlaſſen, am 14. Twerdißa beſet, ſehs Compagnien türkiſher MuſtehafizSoldaten, welche in dieſem wichtigen Punkte ein fleines Lager bezogen hatten, überraſ<ht und ſämmtli<h gefangen genommen oder niedergemacht ; es wurde abſolut ni<ts mehr über deren Schikſal bekannt. Bei Twerdißa wurde die nun direct auf Feni-Sagrha, wo türkiſhe Truppen vermuthet wurden, abfallende Straße links gelaſſen und ein beſhwerli<her Engpaß, der ſogenannte Hain-Boughaz, betreten.