Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten

Angſt ergriffen, als Niemand den Grund der plößlihen Abreiſe kannte. Feder glaubte, die Türken ſeien {hon vor der Stadt oder die Gefahr, daß das Hauptquartier umzingelt werde, ſei ſehr drohend. Ein Wehgeſchrei erfüllte die Luft. Zwar konnte es zur Beruhigung dienen, daß eine ſtarke Truppenmacht gebieben war, aber das hätte officiell verkündet werden müſſen.

Freilich hat Tirnowa und Umgebung einige tauſend kräftige, wehrhafte Bürger, aber kein Bulgare will \fi<h felber wehren, und alle Erwartungen Rußlands auf eine energiſche Mithilfe, auf die Thatkraft des Volkes, wurden getäuſcht; die Erfah-

rungen des Vorjahres wiederholten ſi<h. — Ein fernes Gewitter und lohende Bliße im Süden gaben der Phantaſie Stoff, die Kanonade von Plewna auszumalen. Einige hundert Türkenhunde mahnten mit fur<tbarem Gebell an ihre abweſenden Herren, und Milliarden Mücken verfolgten die Menſchen mit ihren Stichen, als wären ſie Baſchi-Bozuks. — Fn Biela hielt das Hauptquartier. Der Kaiſer war in einem unanſehnlihen Hauſe eingquartirt. Der Eintritt war verwehrt; der Großfürſt Nikolaus und der Thronfolger waren angekommen ; ein großer Krieg8rath wurde gehalten und die energiſche Weiterführung des Krieges beſchloſſen.

Aziz Baſchas Tod im Gefechte bei Erſizie.

Kein wichtiges Gefe<ht war es, welches die türfiſhe Armee zwiſ<hen Huzendze und Erſizie in den Nahmittagsſtunden den 26. Juli ausgefohten hatte. Dbwohl auf beiden Seiten einige hundert Mann todt blieben, konnten ih doh weder die Ruſſen no< Türken irgend welcher feſtgeſtellten Vortheile rühmen. Das Wichtigſte dabei war aber, daß glei<h zu Beginn desſelben Ferik Aziz Paſcha, einer der beſten Söhne der Türkei, der gebildetſte, tüchtigſte, fähigſte der Generäle, ſeinem Muthe zum Opfer gefallen war. Durch den Tod dieſes Mannes wird das Gefeht von Huzendze trot ſeiner Geringfügigkeit als ein Trauertag in den Annalen der türkiſhen Krieg8geſchihte bezeichnet werden.

Der Sachverhalt iſt folgender: Jn Folge der unſinnigen Dispoſitionen des glü>li<h abgeta>elten Serdars, oder vielmehr ſeines bisher allmächtigen Adlatus Ahmed Ejub waren in den verſchiedenen Feſtungen allzugroße Garniſonen vertheilt worden, ſo daß in dem Momente, als Mehemed Ali den Oberbefehl übernahm, eine Feldarmee eigentli<h nicht exiſtirte und eine ſolche erſt dadur< geſchaffen werden mußte, daß aus Schumla, Varna, Ruſtſchuk, Siliſtria ſtarke Abcommandirungen erfolgten, andere Stellungen wieder, wie Turtukai, gänzli<h geräumt wurden.

Dieſe Zuſammenziehung, wel<he um Rasgrad herum geſhah, vollzog ſi< in aller Ordnung. Nur für die Truppen, welhe aus Ruſtſhuk eintreffen ſollten, hegte der Serdar einige Befürhtungen, da ein großer Theil der Straße Ruſtſ<huk-NRasgrad bereits in den Händen der Ruſſen oder do< gänzli<h umſhwärmt war. Dieſe Truppen, in dex Zahl von 15 Bataillonen, gehörten der Diviſion Fuad Paſcha an und ſollten, nachdem fie die Umgebungen der Feſtung in den Morgenſtunden am Mittwoh den 25. ver-

laſſen hatten, am Abend des nächſten Tages zu Rasgrad im Lager eintreffen ; bis in die Gegend von Turlak, wo die Diviſion in geſicherter Marſchordnung Nachtlager bezog, war nichts Verdächtiges, was die Nähe der Ruſſen verrathen fonnte, bemerkt worden. Auch die Nacht verging ganz ruhig, und als am Donnerſtag Früh der Weitermarſh fortgeſezt wurde, conſtatirten die nah Süden und Oſten zur Recognoscirung ausgeſandten Cavallerieabtheilungen, daß vom Feinde

niht die geringſte Spur zu bemerken ſei. Faſt gleichzeitig kam aber von der AvantgardeBrigade Feiſullah Paſcha, welhe bei

Haſſanklar lagerte, die Meldung, daß auf der Straße Koſtandza- Huzendze ſi< ſtarke feindliche Colonnen im Anzuge gegen die Rücfzugslinie Fuad Paſchas befänden. Sofort veranlaßte Aziz Paſcha, zu deſſen Corps die AvantgardeBrigade gehörte, deren Vorrü>ung von Haſſanklar zum Zwece eines Flankende>ungs-Marſches in der Richtung von Erſizie. Die Truppen ſeßten ſi< in Bewegung, erreihten das 12 Kilometer von Rasgrad entfernte Huzendze, welches etwa 300 Schritte linkſeits der na< Ruſtſchuk führenden Straße auf dem Nordabhang einer parallel mit dieſer leßtern laufenden Anhöhe liegt und wo die Brigade au<h ſofort Stellung bezog, und, bis die Arrieregarde der Diviſion Fuad, welche in drei Colonnen auf Rasgrad marſqcirte, die gefährliche Stelle paſſirt hatte, in der gewählten Poſition verblieb.

Es ſollte nun auh die Brigade Feiſullah, nachdem ſie ihren Flankende>ungsmarſch glü>lich vollbraht, den Rü>zug auf Haſſanklar antreten, als Aziz Paſcha die Meldung erhielt, daß jene ruſſiſhen Colonnen, deren Anmarſh man am Vormittage bemerkte, {on Erſizie überſchritten; und bald erkannte man aus einer dihten Rauchſäule, welche ſenkre<ht gegen Himmel